Kommentar Präsident in Paraguay: Demokratische Auferstehung
Der paraguayische Präsident Cartes tritt nach heftigen Protesten wegen schmutziger Deals nicht noch einmal an. Eine Seltenheit in Lateinamerika.
![Viele DemonstrantInnen Viele DemonstrantInnen](https://taz.de/picture/1930937/14/62cec1638d6de6609999d3d8b6d8e75c_edited_68320757_211df6ea68.jpeg)
M anchmal geschehen in Lateinamerika noch Wunder. Wenn auch selten in der Politik, wo von Caracas bis Buenos Aires selbsternannte Volkstribunen unwirsch bis autoritär auf Proteste reagieren. Doch just an diesem Ostermontag ist die Demokratie in Lateinamerika auferstanden – und zwar in dem oft ignorierten Schmugglerparadies Paraguay, wo der konservative Präsidenten Horacio Cartes seit Wochen das Volk gegen sich aufbringt.
Der Grund: Cartes wollte für seine Wiederwahl die Verfassung ändern. Der schmutzige Deal im Parlament führte jedoch dazu, dass das Kongressgebäude in Flammen aufging. Ein Demonstrant wurde von der Polizei erschossen, das Gespenst einer Neuauflage der 35 Jahre langen Stroessner-Diktatur ging um. Und dann überrascht Präsident Cartes die ganze Welt, indem er nun eine weitere Amtszeit ausschließt. „Unter keinen Umständen“, schrieb Cartes dem Erzbischof von Asunción, werde er kandidieren. Zum Schutz der Institutionen.
So spät die Einsicht auch kommt, so wertvoll ist sie für Paraguay – und die Region, die sich schwer tut mit demokratischen Spielregeln, im Umgang mit dem politischen Gegner und damit, die Macht abzugeben.
In Ecuador hat soeben der unterlegene Präsidentschaftskandidat das Wahlergebnis angefochten. In Brasilien wird gegen neun (!) Minister der aktuellen Regierung wegen Korruption ermittelt – nachdem vergangenes Jahr schon Expräsidentin Dilma Rousseff des Amtes enthoben wurde. Und in Venezuela zerstört der Chávez-Nachfolger Nicolás Maduro jeglichen Glauben an Gewaltenteilung. Repression und Lebensmittelknappheit treiben die Bevölkerung massenweise aus dem Land. Wer bleibt, protestiert.
Und wie reagiert Venezuelas Präsident Maduro? Für die heutige Großdemo hat er das Militär gegen „Vaterlandsverräter“ in Stellung gebracht und den Ausbau loyaler Milizionäre angekündigt. Es wäre ein riesiges Wunder, würde Maduro zur Raison kommen – und zurücktreten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird