Kommentar Polizeiübergriffe im Stadion: Reizgas auf Verdacht
Spätestens nachdem sich der Pyro-Verdacht als falsch erwiesen hat, muss man die ganze Aktion skandalös nennen.
U nter Fußballfans gibt es eine rege Debatte darüber, ob das Abbrennen bengalischer Feuer mehr ist als ein mäßig riskanter Bestandteil der Fankultur. Für die Legalisierung der Freudenfeuer gibt es eine regelrechte Kampagne - bislang sind sie aber nun mal verboten. Und so lange muss es möglich sein, das Zündeln im Stadion mit polizeilichen Mitteln zu unterbinden. Nur mit welchen?
Die Polizei muss in Fanblocks einrücken, in denen es lichterloh brennt. Auch, um die mutmaßlichen Täter dingfest zu machen. Aber davon konnte in Hannover am Sonntag keine Rede sein: Feuer war vor dem Spiel gegen die Bayern nirgends zu sehen, als der Block der 96-Ultras gestürmt wurde. Da genügte der bloße Verdacht, Fans könnten Pyrotechnik ins Stadion geschmuggelt haben, für einen überharten Einsatz.
Dabei hat die Polizei Reizgas versprüht. Das wäre in jedem Fall unverhältnismäßig, weil es immer auch Unbeteiligte trifft. Spätestens aber, nachdem sich der Pyro-Verdacht als falsch erwiesen hat, muss man die ganze Aktion skandalös nennen. Wie zum Hohn wurde dann später unbehelligt gezündelt - von Bayern-Fans.
Auch Hannover 96 steht in der Sache nicht gut da: Das Misstrauen gegenüber den eigenen Anhängern muss schon gewaltig sein, wenn ein Klub noch von einem "berechtigten Verdacht" spricht, nachdem der sich längst als unberechtigt erwiesen hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern