Kommentar Piraten in Kenia: Peinlicher Prozess
Dass Deutschland mutmaßliche somalische Piraten dem offensichtlich desolaten kenianischen Justizsystem überlässt, ist mehr als fragwürdig.
A b Mittwoch stehen sie vor Gericht: neun Somalis, die Anfang März von der deutschen Fregatte Rheinland-Pfalz festgenommen wurden und damit in Berlin für Kopfschmerzen sorgten: wo bloß sollten sie vor Gericht gestellt werden? Schließlich wurde entschieden, den Piraten in Kenias Hafenstadt Mombasa den Prozess zu machen. Ein Abkommen mit der EU, das dies möglich macht, wurde eilig drei Tage nach der Festnahme unterzeichnet.
Konservative Politiker feiern die Entscheidung als Erfolg, weil sie kein Verfahren in Deutschland wollen. Mögliche Prozesse dürften keine "Einladung zum Asylverfahren" werden, sagt der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl und schürt damit Ängste vor einer drohenden Piraten-Invasion. Damit befindet er sich in guter Gesellschaft mit jenen, die am Stammtisch fordern, statt Schüssen vor den Bug solle es doch endlich Schüsse auf den Bug geben.
Solche Ausagen aber gehen am Kern des Problems vorbei. Denn die deutsche Marine ist allein der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet, wenn sie auf offener See mutmaßliche Straftäter festnimmt. Doch Kenias auch von der EU immer wieder gescholtenes Justizsystem entspricht nicht europäischen Standards, und jeder weiß es.
Die meisten kenianischen Richter bekommen ihren Job auf Grundlage von Günstlingswirtschaft, Filz und Unfähigkeit: das sagt niemand geringeres als Kenias langjährige Justizministerin Martha Karua, die inzwischen zurückgetreten ist - aus Frust darüber, dass ihre Justizreform gestoppt wurde. Der UN-Sonderberichterstatter Philip Alston spricht von einem eindeutig bankrotten System, in dem Urteile mit Geld gekauft würden.
Dass Deutschland die mutmaßlichen Piraten einem solchen System überlässt, ist mehr als fragwürdig. Die Entscheidung zeigt vor allem, dass der massive Marineeinsatz zur Bekämpfung somalischer Piraten eine Krücke ist, die einem Rechtsstaat nicht genügen kann. Vielleicht hat Herr Uhl Recht und selbst somalischen Piraten würde Asyl gewährt: Das läge dann daran, dass es den Menschen in Somalia seit fast zwei Jahrzehnten so schlecht geht, dass sie es verdient hätten.
Somalia muss endlich geholfen werden, einen Staat zu etablieren, wo Recht herrscht und Recht gesprochen werden kann. Peinliche Prozesse wie den in Mombasa würde man sich damit ersparen.
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