Kommentar Pfandflaschen: Vorbild Mehrweg
Anstatt das Mehrwegsystem durch kurzsichtige Ignoranz zu ruinieren, sollte die Politik es stärken.
D ie Sicherung von Arbeitsplätzen ist erklärtes Ziel der Regierung. Auch die Verschwendung von Energie und Rohstoffen zu stoppen, steht politisch hoch im Kurs. Und aufgeklärte VerbraucherInnen wollen ohnehin alle.
Malte Kreutzfeldt ist Leiter des taz-Ressorts Wirtschaft und Umwelt.
Angesichts dieser Ziele ist es schwer verständlich, was in den letzten Jahren auf dem deutschen Getränkemarkt passiert ist. Das umweltfreundliche Mehrwegsystem, bei dem die Flaschen in regionalen Kreisläufen immer wieder befüllt werden, steht in vielen Bereichen vor dem Aus. Discounter drücken Einwegflaschen zu Kampfpreisen in den Markt, und die KundInnen greifen - aus Unwissen, Bequemlichkeit und Sparsamkeit - in Massen zu: Drei von vier Erfrischungsgetränken werden inzwischen in Einwegflaschen gekauft, die zwar zurückgebracht, aber nicht wiederbefüllt werden.
Und die Politik sieht bisher tatenlos zu. Die rot-grüne Regierung hat seinerzeit bei der Einführung des Einwegpfands zwar eine politisch gewünschte Mehrwegquote festgelegt - aber keine weiteren Sanktionen, mit denen diese durchgesetzt werden kann. Und nachdem sich Jürgen Trittin für das "Dosenpfand" prügeln lassen musste wie für kaum ein anderes Thema, hat Amtsnachfolger Sigmar Gabriel von dem vermeintlichen Verliererthema lange die Finger gelassen. Erst jetzt, kurz vor der Wahl, wird wenigstens an einer klareren Kennzeichnung gearbeitet.
Doch damit ist es nicht getan. Um Verbrauchern eine echte Wahl zu ermöglichen, müssen alle größeren Geschäfte - inklusive Discountern - verpflichtet werden, auch Mehrwegflaschen anzubieten. Und solange die Quote weiter fällt, ist auch eine zusätzliche Sonderabgabe auf Einwegflaschen notwendig. Davon, dass solche Maßnahmen nach "Zwang" klingen, sollte sich die Politik nicht aufhalten lassen. Die Entwicklung am Getränkemarkt zeigt gerade, dass der Markt allein keine volkswirtschaftlich sinnvollen Lösungen findet. Und auch VerbraucherInnen können nur dann vernünftig einkaufen, wenn der Staat die richtigen Rahmenbedingungen setzt. Statt das Mehrwegsystem durch kurzsichtige Ignoranz zu ruinieren, muss es gestärkt werden - als Vorbild für eine Wirtschaftsweise, die Umwelt und Arbeitsplätze gleichermaßen sichert.
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