Kommentar Palästina: An der Hamas führt kein Weg vorbei

Einigen sich Hamas und Fatah, wird es eine Technokratenregierung geben, die die Anerkennung Israels nur formell erfüllt. Und auf Israels Seite kommt der Gesprächspartner abhanden.

Das Rücktrittsangebot des palästinensischen Regierungschefs Salam Fayyad ist ein logischer Schritt. Und zugleich ein Kotau vor der radikalislamischen Hamas. Die hatte die von Präsident Mahmud Abbas im Jahre 2007 eingesetzte Übergangsregierung nie anerkannt und stets despektierlich als Marionettenregierung von Israels und Amerikas Gnaden verhöhnt. Doch um der innerpalästinensischen Aussöhnung willen musste al-Fatah in Vorleistung treten und mit dem Rücktrittsangebot zumindest symbolisch einräumen, dass die Fayyad-Regierung keine parlamentarische Legitimation besitzt. Sie musste sich nie einer Abstimmung im palästinensischen Legislativrat stellen, in dem die Hamas nach dem Wahlsieg von 2006 eine Mehrheit innehatte, die sie freilich nicht ausüben konnte, weil ihre Abgeordneten in israelischen Gefängnissen einsitzen.

Und doch ist der Schritt zugleich Ausdruck der Schwäche von al-Fatah. Die Organisation ist auf eine Regierung der nationalen Einheit weitaus mehr angewiesen als die Hamas. Es ist al-Fatah, die den Palästinensern beweisen muss, dass sie wieder bereit und in der Lage ist, Verantwortung für die gesamtpalästinensischen Interessen wahrzunehmen. Damit die international zugesagten Gelder für den Wiederaufbau fließen, ist eine Einheitsregierung zwingend notwendig. Hamas wird der internationalen Forderung nach einer Anerkennung Israels aber nicht nachkommen. Ihr Zugeständnis wird allerhöchstens darin bestehen, einer Regierung grünes Licht zu geben, die diese Anforderung formal erfüllt. Vorstellbar ist am Ende also nur eine Technokratenregierung, die die Geschäfte in der Art der Fayyad-Regierung weiterführt wie bisher.

Die Ironie am Ende der Geschichte könnte freilich eine ganz andere sein. Während die Palästinenser eine Einheitsregierung zustande bringen, könnte ihnen auf der israelischen Seite der Verhandlungpartner abhandenkommen. Eine Rechtsregierung in Israel unter Benjamin Netanjahu mit einem Außenminister Avigdor Liebermann dürfte einer Einheitsregierung von Hamas Gnaden die Kommunikation komplett verweigern. Die Zeit der Sprachlosigkeit im Nahen Osten ist noch längst nicht zu Ende. GEORG BALTISSEN

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61, ist Redakteur im Ausland und gelegentlich Chef vom Dienst. Er arbeitet seit 1995 bei der taz, für die er schon in den 80iger Jahren geschrieben hat. Derzeit ist er zuständig für die Europäische Union und Westeuropa. Vor seiner langjährigen Tätigkeit als Blattmacher und Titelredakteur war Georg Baltissen Korrespondent in Jerusalem. Noch heute arbeitet er deshalb als Reisebegleiter für die taz-Reisen in die Palästinensische Zivilgesellschaft. In den 90iger Jahren berichtete er zudem von den Demonstrationen der Zajedno-Opposition in Belgrad. Er gehörte zur ersten Gruppe von Journalisten, die nach dem Massaker von 1995 Srebrenica besuchte.

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