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Kommentar PalästinaBesser spät als nie

Kommentar von Susanne Knaul

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat jetzt endlich die Zwei-Staaten-Lösung akzeptiert. Er nimmt damit Abschied vom Traum der zionistischen Revisionisten.

S echzehn Jahre brauchte Benjamin Netanjahu, um die seit Beginn des Friedensprozesses angestrebte Lösung - zwei Staaten für zwei Völker - zu akzeptieren. Mit einer Nachhilfestunde seines Privatlehrers Barack Obama hat nun auch er kapiert, dass Groß-Israel und Frieden nicht kompatibel sind. Trotz seiner Abstriche nimmt er damit offiziell Abschied vom Traum der zionistischen Revisionisten. Besser spät als nie.

Bild: taz

Susanne Knaul ist Israel-Korrespondentin der taz.

Netanjahu fordert Verhandlungen ohne Vorbedingungen und stellt noch im gleichen Atemzug Bedingungen. Damit macht er es seinen Friedenspartnern nicht leichter, dennoch sind nicht alle seine Forderungen von der Hand zu weisen. Ein zweites "Hamastan", wie er sagt, und Raketen, die aus dem Westjordanland nach Tel Aviv fliegen, darf es nicht geben. Nur wie kann eine Machtausweitung der noch immer populären Islamisten und die Lieferung von Waffen verhindert werden, ohne die Rechte der Palästinenser zu beschneiden? Internationale Garantien sind wohl der einzige Weg, den beide Seiten akzeptieren können.

Netanjahu pocht auf Antworten für das "natürliche Wachstum" in Siedlungen und meint damit jene, die im Rahmen einer Friedenslösung Israel angeschlossen würden. Die Palästinenser sollen dann, darüber gibt es grundsätzliche Vereinbarungen, per Gebietsaustausch entschädigt werden. Sinnvoll wäre eine schnelle Einigung über die Regionen, die für den Gebietsaustausch vorgesehen sind. Denn dann müssen sich weder die Palästinenser noch die Amerikaner dort über Neubauten aufregen.

Potenzial für Konflikte birgt Jerusalem. Die "ewig ungeteilte Stadt" gilt Netanjahu nicht als besetztes Land. An Jerusalem scheiterte der von US-Präsident Bill Clinton vorangetriebene Nahost-Frieden. Die Stadt wird auch Obamas größtes Hindernis sein.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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13 Kommentare

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  • C
    Carlos

    Netanjahu schwebt, so fürchte ich, für die Palästinenser gar nichts vor. Dazu ist er politisch zu einfaltslos. Für ihn und seine politischen Freunde könnte der jetzige Zustand doch bis in alle Ewigkeit andauern.

     

    Man würde weiterhin Land annektieren, Siedlungen bauen, es gäbe einen ständigen äußeren Feind, dessen Gefährlichkeit man nach belieben großreden kann, um eigenes Fehlverhalten zu entschuldigen, usw....

     

    Allerdings gibt es auch Israelis, die mit dem konservativen Klüngel nichts gemein haben und in Frieden mit den arabischen Nachbarn zusammenleben wollen, und zwar `gerade um der Existenz Israels willen`. Denn sich nur auf die militärische Überlegenheit zu verlassen ist geradezu selbstmörderisch.

     

    Dazu kommt, dass in Israel rund 15% arabisch stämmige Bürger mit israelischem Pass leben. Sie verfügen somit über das Recht an Wahlen aktiv wie passiv teilzunehmen. Gerade mit dieser Minderheit muss der Judenstaat ein einvernehmliches Auskommen erreichen, will er nicht in ein Apartheid-Regime verfallen und den eigenen Rechtsstaat zu Grabe tragen.

  • K
    Klabauta

    Mir scheint, Netanjahu schwebt ein palästinensischer Staat nach dem Vorbild der "Homelands" der südafrikanischen Apartheitregierung unseligen Angedenkens vor.

    Etwas mehr Distanz gegenüber der israelischen Regierung hätte Frau Knauls Kommentar gut getan. Ich frage mich, ob Sie auch eine(n) Korrespondenten/in in den Palästinensergebieten haben, der Frau Knauls Sicht zumindest einen weiteren Blickwinkel hinzufügen könnte.

  • JO
    Jürgen Orlok

    Ich habe die Rede Netanyahu life bei CNN / Al Jazeera gesehen. Damit bin ich wahrscheinlich eine extreme Minderheit. Es gab nichts Neues!

     

    Was Israel als Heimat der Juden ( zitiert ) sich vorstellt ist so etwas wie das Warschauer Ghetto für Palestineser( Gaza ist es ja schon ).

    Wer die deutsche Vertreibung, den Verzicht auf die Ostgebiete als Sühne akzeptiert - tue ich - kann nicht die VErtreibung der Palästineser akzeptieren. Sie waren in diesem Sinne schuldlos!!

    Die Begründung für das Existenzrecht Israels ist absolut, göttlich.

    Wer noch ein wenig denken kann, bekommt Probleme, wenn andere noch überlebende Gruppen sich mit dieser Begründung ihr Heimatland zurückholen wollen.

    Das einzige Existenzrecht Israels ist die Akzeptanz durch die UN ( damaliger Zusammenschluß der erfolgreichen Kriegsgewinner, moralsich kaum zu unterscheiden von den Deutschen ..), die eine terroristische Eroberung Palästinas genehmigte, weil sie die Einigkeit der Araber fürchteten.

    Mord verjährt nicht bei uns !

    Ich möchte endlich mal die Jagd auf jüdische Massenmörder sehen - einen palästinensischen Wiesenthal in etwa. Das muß doch möglich sein, da die Verfolgung einfacher KZ-Wächter als notwendig erachtet wird.

    Ich hoffe es gibt demnächst auch ein Unterstrafestellen der Leugnung des terroristischen Ursprungs Israels! Auch Juden sind Mörder, wie alle anderen auch!

    Nachtrag. Als ich in Israel war traf ich eine Menge sehr sympatischer Israelis, wie es auch eine Menge sehr sympatischer Deutscher im Nazireich gab !

    Das zu meine antisemitischen Tendenzen ...

    Bin gespannt ob die taz hier Volksverhetzung sieht...

  • G
    Graureiher

    Was Herr Netanjahu wirklich meint, ist hier, ohne Worte, zutreffend beschrieben:

    http://www.tagesspiegel.de/storage/scl/grafiken/karikaturen/282325_m1t1w620q75s1v50605.jpg

     

    Dieser Kommentar hier übertrifft allerdings an politischer Naivität alles, was ich in den letzten Jahren in der taz gelesen habe! Aber vielleicht ist es ja gar keine Naivität, sondern bewusste, von israelischer Seite gesteuerte Propaganda, nach dem Motto: seht her, wir sind doch zu Allem bereit, nur die bösen Palästinenser wollen keinen Frieden!

    Die in Israel regierende Rechte hat nicht das geringste Interesse an einem eigenständigen Palästinenserstaat, genau so wenig wie alle Vorgängerregierungen auch. Während in Oslo verhandelt wurde und schließlich Verträge unterschrieben wurden, ging die Siedlungspolitik im Westjordanland ungebremst weiter. Das ist heute auch nicht anders; Netanjahu wird den Verhandlungsbereiten geben und gleichzeitig vollendete Tatsachen schaffen.

    Und sollte Obama sich ernsthaft mit Israel anlegen, möchte er seine besten Tage bereits hinter sich haben!

  • L
    likewise

    Ich bin mir recht unsicher, ob es sich hier wirklich um einen Vortschritt handelt oder ob man den alten Standpunkt beibehielt und nur die Worte, mit denen man ihn beschreibt, änderte.

     

    Gut, Netanjahu will jetzt einen Palestinenserstaat akzeptieren, aber, wenn ich ihn richtig verstehe, nicht wirklich in direkter Nachbarschaft zu Israel. Wozu auch, in der Antarktis z.B. ist doch massig Platz. Warum denn nicht dort? Freilch nur, soweit dort keine Israelis siedeln möchten, deren Grundbedürfnis, in lebensfeindlicher Umgebung ihren fanatischen Trotz zu demonstrieren, selbstredend Vorrang hat.

    Menschen sollen auch in diesem Staat leben dürfen, aber doch bitte keine Palestinenser. Souverän soll er sein, aber entmilitarisiert soll er sein -- und von Israels Gnaden. Demokratisch soll er sein, solange er tut, was Netanjahu für richtig hält. Und im Gegenzug ist er so bescheiden, von den Palestinensern nur die Gebiete zu verlangen, deren Besitzrecht Israel für sich proklamiert...

    -- Ich verstehe nicht, was dies Getue soll, daß Netanjahu erstmals einen Palestinenserstaat akzeptieren will, wenn er ihn dazu so definiert, daß es de facto nichts weniger als ein Palestinenserstaat ist.

  • L
    Ludwig

    Die Rede des Falschspielers als etwas neues und gutes zu feiern, ist infam. Das ewige Schönreden der israelischen Kolonialtaktik und Großisraelstrategie ist jedes Menschen unwürdig, der sich solcher Ideale wie der Erklärung der Menschenrechte verpflichtet fühlt. Netanjahu liefert ein weiteres Mal das Feigenblatt für die Amerikaner, sich die nächsten Jahre im Nichtstun zu üben und dem palästinensischen Volk weiere Leiden aufzuladen.

  • V
    vic

    Netanjahu diktiert einem autonomen Staat Bedingungen, die dieser niemals annehmen kann. Das weiß er, und das ist der Grund weshalb er dieses "Angebot" überhaupt macht.

  • E
    Eisvogel

    Der gibt gar nichts auf, sondern spielt auf Zeit. Obama muss maximal 8 Jahre ausgesessen werden, dann schaut man sich die wiederum neu gemischten Karten an.

  • M
    MariAndL

    Nein, nein, Frau Knaul, Netanjahu nimmt nicht Abschied vom Zionismus.

     

    Er möchte ihn mit der Legalisierung des israelischen Landraubs in Palästina vollenden.

     

    Und unsere Merkel? Freut sich über die nette Rede Netanjahus. Armselig.

  • T
    t.s.

    Ein schöner Kommentar von Frau Knaul, in dem sie sich, in der ihr eigenen Art und Weise den Kopf der Besatzer zerbricht, sich das Hirn zermartert, wie die Sicherheit Israels gewährleistet werden kann, ohne die Rechte der Palästinenser zu beschneiden. Wie das gehen soll? Mit Sicherheit gar nicht - genau das ist ja der Trick israelischer 'Verhandlungen'.

     

    Und was vermisst man - so wie üblich - in allen Berichten Frau Knauls? Das Schicksal, die Rechte und die Sicherheit der 3.5 Millionen Pal., die unter dem räuberischen isr. Kolonialregime ihr Leben fristen müssen. Und natürlich die ca. 1.2 Millionen Araber im 48er Israel, zu grossen Teilen Binnenflüchtlinge und Staatsbürger zweiter Klasse, deren legalistische Ausbürgerung in den von Frau Knaul begrüssten, der Willkür Israels ausgelieferten 'Palästinenserstaat' zur Zeit von den Rechtsextremisten in Netanjahus Kabinett betrieben wird.

     

    Währendessen - und darüber schweigt Frau Knaul natürlich auch - töteten die Besatzer kürzlich erst wieder in B'ilin einen der pal. Demonstranten, die dort unbewaffnet gegen den Raub ihres Bodens demonstrieren, zerstörten letzte Woche wieder Häuser und Brunnen von Palästinensern südlich Hebrons und drangsalieren und bedrohen dazu die wenigen Israelis, die sich wie z.B. Ezra Nawi weigern sich der Lüge zu beugen, dass das Vertreibungs- und Zerstörungswerk in irgendeiner Art und Weise ihrer Sicherheit diene.

     

    Während auf der Bühne so wieder mal 'Verhandlungen' gegeben werden, Verhandlungen zwischen dem mit Milliarden ausgestatteten, schwerst, auch nuklear bewaffneten Besatzer und dem von ihm ebenso abhängigen wie korrupten pal. Ex-Präsidenten - wird unter der Bühne mit dessen Beteiligung weiter eingesperrt, geraubt, vertrieben und ausgehungert.

    Das hat zwar Folgen für die 'Sicherheit der Israelis' - aber diese Kausalität passt eben nicht in die kolonialen Denkstrukturen Frau Knauls, in denen nicht sein kann, was nicht sein darf.

  • M
    Maximilian

    Mein Gott, Frau Knaul, sie sind wirklich das Verlautbarungsorgan der israelischen Regierung. Vielleicht erklären Sie bitte dem staunenden Leser, was für die Menschen in Nahost an Israels Vorschlag so toll sein kann, dass Sie beinahe in Euphorie ausbrechen.

    Und ich würde mich freuen, von Ihnen, Frau Knaul, zu erfahren, wo, in welchem Winkel dieser Welt, eigentlich Netanjahus zweiter Staat neben Israel, Palästina nämlich, entstehen soll.

    In Palästina ist nach dieser Rede für einen palästinensischen Staat offensichtlich kein Platz. Da wollen ja die Israelis bleiben.

    Dieser Vorschlag erinnert mich fatal an die Pläne Hitlers für die Polen und Tschechen.

  • I
    Ich

    Klar. Als hätte es von Israel noch nie den Vorschlag der Zweistaatenlösung gegeben. Dass die Hamas eine Zweistaatenlösung kategorisch ausschließt, und nur für eine Einstaatenlösung zu haben ist, höchstens über das "wie" der Vernichtung Israels zu verhandeln bereit ist, nicht über das "ob", fällt im publizistischen Anti-Israel-Wahn der deutschen Linken dann mal untern Tisch. Gut, dass sich in Israel niemand einen Dreck darum schert, was westliche Kommentatoren von ihren Problemen halten.

  • A
    Andreas

    Mir ist das Positive an Netanyahu entgangen - vielleicht träume ich? Aber Netanyahu hat Palästina als Staat in seiner Rede ausgeschlossen, er will nur eine Art Protektorat unter israelischer Aufsicht. Ich kann nicht erkennen, wie die Palästinenser seine Bedigungen erfüllen können?

    Diese Rede prolongiert die skandalösen Zustände in Jerusalem und der Westbank, was dabei herauskommt sind Raketen und Geschosse.

    Die palästinensische Obrigkeit kann ihre Bürger gar nicht unter Kontrolle bekommen, weil ihnen dazu schlicht das Mandat, die Autorität und die Übersicht fehlt.

    Und das liegt an einem Nicht-Zustand in Palästina, der sich in den letzten Jahren drastisch verschlechtert hat, zumal die Mauer jetzt die palästinensische Wirtschaft lähmt.

    Ich empfinde diese Rede als Nullnummer - möglicherweise erzeugt sie bei rechten Israelis eine Diskussion, aber wohl eher derart, dass bemängelt wird, wie sehr Netanyahu den Ausverkauf Israels vorangetrieben habe, obwohl das nicht stimmt.

    Es kann keine Alternative zur West-Bank und zum Ende der Siedlungen und Siedler geben.

     

    Hier schrieb jemand, dass die Araber Israel ja auch nicht verlassen müssten - das spricht für sich selbst: Natürlich müssen sie nicht, aber wer als Araber in Israel lebt, der weiß, wohin die Schilder zeigen ->RAUS