Kommentar Pakistan: Pakistans ISI-Problem

Saleem Shahzad wurde vermutlich vom pakistanischen Geheimdienst ISI entführt und ermordet. Dieser Geheimdienst ist zu einer Bedrohung geworden – für Pakistan.

Alles deutet darauf, dass Saleem Shahzad von Schergen des pakistanischen Militärgeheimdienstes ISI entführt, gefoltert und ermordet wurde. Shahzad war bei Recherchen auf Verbindungen des Militärs zum Terrornetzwerk al-Qaida gestoßen.

Das aufzuschreiben ist für Pakistans Journalisten tabu: Als vor einigen Wochen ein Reporter von The Express Tribune aus Karatschi herausfand, dass zwei von einem CIA-Agenten getötete Pakistaner bewaffnete ISI-Agenten waren, wurde seine Zeitung vom ISI gezwungen, ein Dementi zu drucken und den Reporter zu entlassen - was als Beweis für die Richtigkeit des Berichts gelten darf.

Regelmäßig werden Chefredakteure vom ISI vorgeladen und drangsaliert, nichts zu veröffentlichen, was gegen das "nationale Interesse" verstößt – die Definition behält er sich selbst vor.

Bild: taz

SVEN HANSEN

SVEN HANSEN ist Redakteur im Auslandsressort der taz.

Shahzad, der schon verwarnt worden war, hat die rote Linie mutig überschritten. Der Geheimdienst will weiter ohne jede Kontrolle im Verborgenen agieren und Pakistans Politiker und Bevölkerung manipulieren. Kritische Medienberichte stören da. Statt Pakistan zu schützen, ist der ISI längst zur Bedrohung für das Land geworden.

Der ISI züchtete islamistische Terrorgruppen zu seinem politischen Instrumentarium heran, das er nicht mehr unter Kontrolle hat. Bei der Tötung bin Ladens stand er als mutmaßlicher Komplize oder als Versager da. Der jüngste Angriff auf eine Marinebasis wie die Ermordung Shahzads nähren das Misstrauen weiter. Für eine effektive Kontrolle wie auch für die überfällige Reform des Dienstes braucht es viele mutige Journalisten wie Shahzad. Doch dessen Ermordung war ein in seiner Grausamkeit klar intendiertes Signal der Abschreckung. Der ISI wird noch lange über dem Gesetz stehen.

Comments

[Hans]

Das ISI existiert nicht im luftleeren Raum, sondern in einem Geflecht aus Militär, Politik und Verwaltung. Dass dieser Geheimdienst eine eigene Agenda hat, ist auch bekannt. Letztlich will Pakistan sein strategisches Defizit mit allen Mitteln ausgleichen und da gehören ein paar Islamisten auch dazu. Tatsächlich sind die al-Qaida und Araber-Islamisten aber nur eine Fußnote im Kontrast zu Kaschmir und den Anit-Indien-Islamisten. Und Indien kriegt vom ISI auch mehr ab, als der Westen.

Solange Pakistan mit Indien nicht ein glaubwürdiges und nachhaltiges Niveau des Friedens finden kann, wird der Kriegszustand eben vom ISI mit allen Mitteln befeuert und für Afghanistan funktioniert das Konzept des strategisch-muslimischen Hinterlands auch ganz gut, denn der Westen scheitert mit Billigkonzepten und Militärpräsenz am Hindukusch und ermöglicht dem ISI erst die Spielwiese für Taliban und Islamisten.