Kommentar Opel-Staatshilfe: Milliarden für den Auspuff?
Diese Woche wäre der denkbar schlechteste Zeitpunkt für eine erneute Opelhilfe gewesen. Nach dem Sparpaket hätte sich Schwarz-Gelb für umweltschädliche Subventionen rechtfertigen müssen.
D ie Entscheidung über milliardenschwere Staatsbürgschaften für Opel ist gefallen. Doch hat jetzt Kanzlerin Merkel das Verfahren an sich gezogen - und da können durchaus noch beträchtliche Summen fließen. Wie auch immer: Nachdem sich die Hängepartie nun schon Monate hinzieht, wäre diese Woche der definitiv schlechteste Zeitpunkt für eine erneute Opelhilfe.
Unmittelbar nach dem Sparpaket muss die Bundesregierung die Frage beantworten, ob sie allen Ernstes bei Arbeitslosen-, Elterngeld und anderen Sozialleistungen die Axt aus dem Keller holt, um tags drauf einen erklecklichen Teil der eingesparten Summe einem ohnehin nicht zukunftsfähigen Unternehmen der Autoindustrie hinterherzuwerfen. Einem Unternehmen, das schon von der Abwrackprämie überproportional profitiert hat. 48 Milliarden Euro gibt die Bundesregierung jährlich für umweltschädliche Subventionen aus. Mit der Opelhilfe wären es dann 49 Milliarden. Zyniker würden sagen, das macht den Kohl auch nicht mehr fett.
Dass der Mutterkonzern GM im ersten Quartal 865 Millionen Dollar Gewinn eingefahren hat und über ausreichend liquide Mittel verfügt, macht die Opelhilfe vollends zur absurden Idee. Trotzdem stehen natürlich die Ministerpräsidenten der Länder mit Opelstandorten trommelnd vor dem Kanzleramt. Gut, dass sich die FDP und ihr brillanter Wirtschaftsminister Brüderle gegen die Opelmilliarde festgelegt haben. Noch einen Umfaller kann sich diese Partei nicht leisten.
Es könnte in der Autorepublik Deutschland also tatsächlich zu einem historischen Beschluss gegen ein Unternehmen der Automobilindustrie und gegen die nackte Erpressungstaktik von General Motors kommen. Angesichts ständiger Kniefälle vor der PS-Zunft in Sachen Dienstwagenbesteuerung, EU-Grenzwerte oder CO2-Kennzeichnung mag man noch nicht so richtig daran glauben. Aber die Wucht der Krise und die verheerenden Umfragewerte bringen neue politische Dynamik.
Manfred Kriener ist Chefredakteur des Umweltmagazins "zeozwei"
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