Kommentar Online-Obama: Mit dem Internet zum Erfolg
Durch die Unterstützung von Bloggern und anderen Internetusern stieg Obamas Popularität. Ob der jetzige Präsident in Zukunft am Netz bleibt?
E in bisschen verschnupft waren Barack Obamas Fans aus dem Internet dann doch, als er bei seiner Siegesrede in Chicago zwar alle möglichen Wählergruppen erwähnte, die ihm zum Sieg verholfen hatten. Nur über die so genannte "Netroots"- Bewegung, die ihn mit enormen privaten Wahlkampfspenden im Web und einer gigantischen Online-Helferorganisationsmaschine ins Amt getragen hatte, verlor er kein Wort.
Macht nichts - vermutlich ist das Netz in den Augen des zukünftigen Präsidenten längst ein derartiges Standardinstrument geworden, dass es keine speziellen "Shout-outs" mehr braucht. Tatsächlich hat noch kein US-Kandidat derart virtuos auf der Klaviatur der neuen Online-Landschaft gespielt wie Obama. Bis Juli gingen allein über seine Website 200 Millionen Dollar von einer Million Online-Spendern ein, die es ihm unter anderem ermöglichten, kurz vor der Wahl alle wichtigen US-Fernsehsender eine halbe Stunde lang für eine Wahlwerbesendung zu blockieren. "MyBarackObama.com", Obamas soziales Netzwerk, versammelte über eine Million Aktivisten, die quasi auf Knopfdruck Stimmung für den Demokraten machen konnten - vor Ort bis ins kleinste Dorf. Dem hatte McCain wenig entgegen zu setzen, zumal Obama ein Expertenteam um sich versammeln konnte, dem unter anderem ein ehemaliger Mitbegründer des populären Social-Networking-Portals Facebook angehörte.
Obamas Erfolg zeigt, dass man über das Netz alle Zielgruppen erreichen kann, die im Wahlkampf eine Rolle spielen - und zwar bis in kleinste Nischen hinein. Jede gesellschaftliche Gruppe hatte auf "MyBarackObama.com" ihre eigene Homepage. Spannend wird nun, ob Obama das Netz auch im Amt verwenden wird, um zum Wähler Kontakt aufzunehmen - das Team steht jedenfalls bereit. Er könnte einen neuen partizipatorischen Politikstil pflegen und sein Ohr am Netz haben. Genau das erwarten die "Netroots" auch von ihm. Es ist allerdings noch völlig unklar, ob sich das in der Realpolitik wirklich umsetzen lässt.
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