Kommentar Olympische Spiele: Ein rauschendes Globalisierungsfest
Olympischer Sport ist ein perfekter Egalisator: Ohne alle Welt ist keine Welt. Die Spiele von London waren die Spiele der Frauen und der einst so genannten dritten Welt.
E s ist keine Spekulation: Die Olympischen Spiele in London haben dem Publikum sehr gefallen. Die Sympathie speiste sich aus den TV-Übertragungen: Und die Marktanteile fielen in allen Ländern überdurchschnittlich hoch aus.
Warum Sport – also die organisierte, nichtkriegerische Rivalität zwischen AthletInnen und Ländern – so gut ankommt, liegt auf der Hand: Bilder von Wettkämpfen laden zur Identifikation ein, die Momente von Leistung, von Triumphen und Tragödien sind wie ein Theater. Und Olympische Spiele sind dementsprechend: die Bühne des wichtigsten Welttheaters der Neuzeit. Kein anderes Ereignis trägt alle Welt in alle Welt – sofern man nicht, wie ARD und ZDF, eine allzu provinzielle, deutsche Brille trägt.
Übertragungen aus London 2012 waren die Alternative zu den tagesaktuellen Üblichkeiten – vom blutigen Bürgerkrieg in Syrien in diesen Wochen etwa. Fernsehbilder von Olympischem: Das sind auch Impressionen von Utopischem, aus einer Zeit des Jetzt, die allerdings vorläufig nur im organisierten Sport Geltung hat. Die OrganisatorInnen von London und das britische Publikum feierten sich, ihre AthetletInnen und immer auch die Leistungen anderer SportlerInnen. Es war eine Show für den Sport. Für das Nebensächliche, das hauptsächlich sein kann und faktisch auch ist.
ist Redakteur für besondere Aufgaben und Leiter des Olympiateams der taz.
Olympische Spiele erzählen immer Geschichten. Von Helden und Heldinnen. Von SiegerInnen und solchen, die unbedingt gewonnen haben, auch ohne Gold. Solche wie von den saudi-arabischen Athletinnen, die erstmals bei diesem Fest antreten konnten. Von Sportlerinnen aus der sogenannten dritten Welt, die sich prächtig in Szene setzten und den einst Allmächtigen des Sports, den Hellhäutigen, die Überlegenheitsallüren streitig machten.
Es waren insofern die Spiele der Frauen und der vormaligen dritten Welt. Die Kommerzialisierung hat beiden „Gruppen“ die Teilhabe an diesem Event möglich gemacht: Wer sie links liegen lässt, missachtet Marktchancen. Olympischer Sport ist ein perfekter Egalisator: Ohne alle Welt ist keine Welt. Symbolisch stand hierfür die olympische Flammenschale von London – zusammengesetzt aus 204 Schälchen, aus denen es loderte. Jedes von ihnen stand für ein Land: Besser lässt sich Globalisierung nicht versinnbildlichen.
Was Großbritannien bot, war beste Gastgeberschaft. Multikulturell, neugierig, weltoffen. Danke!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Social-Media-Verbot für Jugendliche
Generation Gammelhirn