Kommentar Österreich kürzt Gelder: Zweierlei Frauenrechte
Die Regierung in Österreich hat ihr eigenes Verständnis von Frauenrechten. Das ist erwartbar, geht aber leider auf Kosten feministischer Initiativen.
D ass es erwartbar war, macht es nicht weniger einschneidend: Das österreichische Familienministerium kürzt die Gelder des feministischen Monatsmagazins Anschläge. Das Magazin reiht sich damit ein in mehr als ein Dutzend feministischer Initiativen, denen von Regierungsseite in den letzten Monaten der Hahn zugedreht wurde, darunter vor allem in den Bereichen Bildungsarbeit, Empowerment sowie im migrantischen Umfeld. Die Familienministerin der ÖVP, Juliane Bogner-Strauß, begründet die Kürzungen mit einem neuen Schwerpunkt: Man wolle sich auf Opfer von Gewalt konzentrieren.
Der Schutz von Gewaltopfern ist natürlich sinnvoll. Schwierig wird es, wenn mit dieser Begründung Initiativen gegeneinander ausgespielt werden. Schwierig ist es auch, wenn Frauenpolitik auf Gewaltschutz reduziert wird. Und wenn Gewaltschutz allzu leicht der Sache der Rechten einverleibt werden kann: Zu befürchten ist, dass es in Österreich künftig vor allem um Gewalt von Migranten gehen wird.
Denn was Frauenrechte angeht, bleibt das Regierungsprogramm auffallend blass. Zugleich aber instrumentalisiert die FPÖ – genau wie die AfD und Teile der Union in Deutschland – Frauenrechte für rassistische Hetze, und die ÖVP zieht mit. An das schwarz-blaue Verständnis von Frauen und Opferschutz sind Vorstellungen von traditionellen Geschlechterverhältnissen geknüpft, die im letzten Jahrhundert verhaftet bleiben.
Demgegenüber werden gezielt Initiativen an den Rand der Existenz gebracht, die zum Teil jahrzehntelange Basisarbeit für Frauenrechte gemacht haben. Das mehrfach ausgezeichnete Magazin Anschläge etwa beleuchtet politische, gesellschaftliche und kulturelle Themen seit 35 Jahren. Nun kämpft es wie weitere Initiativen ums Überleben.
Frauenrechte sind nicht gleich Frauenrechte, das macht Österreich mit diesem Vorgehen klar. Im Kampf der Rechten um Hegemonie zeigt das Land, wohin der Weg führen kann. Es ist kein gutes Vorbild.
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