Kommentar Ökostrom: Zeichen setzen für den Klimaschutz
Der Umstieg der Kasseler Stadtwerke auf Ökostrom ist nur ein Symbol, aber ein nützliches. Das Unternehmen demonstriert damit für eine neue Energiepolitik.
S ymbole sind ein Bestandteil der Politik und auch des Marketings. Die Stadtwerke in Kassel gehen jetzt einen symbolischen Schritt, indem sie ihren Haushaltskunden nur noch Strom aus Wasserkraft liefern. Bei einem Strommix, der vorher 37 Prozent Atomkraft und 48 Prozent fossile Energie enthielt, ist das rein statistisch betrachtet ein gewaltiger Fortschritt. Doch die Wahrheit ist komplizierter.
Denn der Wechsel ist und bleibt nur ein Symbol. Es wird schließlich dadurch nicht eine einzige Kilowattstunde Ökostrom zusätzlich erzeugt - der Strom wird nur anders verteilt. Denn während es fortan nur noch sauberen Strom für Kassels Haushalte gibt, fließt im Gegenzug mehr Atomstrom an andere Kunden. Vielleicht geht der Nuklearstrom ja jetzt an Kunden in Schweden. Vielleicht bleibt er auch in Deutschland und wird dann geballt an jene Industriebetriebe verkauft, die sich um ihren Strommix nicht scheren. Gewonnen ist damit am Ende gar nichts.
Die bekannten, bundesweit tätigen Ökostromanbieter wissen das: Das schlichte Verschieben von Strommengen hilft weder dem Klima, noch senkt es den Atomstromanteil. Deswegen legen die Ökostromer auch immer Wert auf den Zubau von Ökokraftwerken. Nur eine Kilowattstunde Wind-, Wasser-, Solar oder Biomassestrom, die zusätzlich ins Netz fließt und damit eine schmutzige Kilowattstunde verdrängt, bringt wirklichen Fortschritt im europäischen Strommix. Von Zubau war allerdings in Kassel bislang nicht die Rede.
Und dennoch ist der Schritt des Kasseler Versorgers zu begrüßen - eben weil das Unternehmen damit ein Zeichen setzt. Hier demonstriert ein Versorger für eine neue Energiepolitik, nach all den Risiken und ungelösten Entsorgungsproblemen der Atomkraft und nach all den dramatischen Klimaszenarien.
Obwohl sich akut am Strommix durch die Umstellung nichts ändert, geht von Kassel ein eindeutiges Signal aus in Richtung Berlin für Atomausstieg und wirksamen Klimaschutz. Wenn sich nun viele Stadtwerke dem Beispiel anschließen und die Botschaft in der Politik ankommt, könnte am Ende sogar ein tatsächlicher Fortschritt für die Umwelt herausspringen
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