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Kommentar Öffentlicher DienstArbeitgeber springen zu kurz

Eva Völpel
Kommentar von Eva Völpel

Die Bürger gönnen den Lehrerinnen, Lebensmittelkontrolleuren und Altenpflegerinnen eine deutliche Lohnerhöhung. Der Tarifkonflikt muss also weitergehen.

T arifauseinandersetzungen sind Propagandaschlachten, daher lohnt der Blick aufs Detail. Dass die Arbeitgeber für die Beschäftigten in Bund und Kommunen am Montag 3,3 Prozent mehr Lohn boten, klingt erst einmal gut. Doch soll es die Lohnsteigerung nicht auf einen Schlag geben, sondern über zwei Jahre verteilt. Rechnet man alle Komponenten zusammen, bieten die Arbeitgeber unterm Strich gerade mal 1,77 Prozent mehr Lohn.

Für die Arbeitnehmer ist das natürlich eine Provokation: Sie fordern 6,5 Prozent mehr und im Gegenzug wird ihnen de facto eine Gehaltskürzung unterbreitet. Das Angebot gleicht nicht einmal den jährlichen Preisanstieg aus; der liegt bei 2,3 Prozent.

Die Gewerkschaften müssen also gegenhalten: Aus volkswirtschaftlicher Perspektive ist es das Gebot der Stunde, den Binnenmarkt zu stärken. Im öffentlichen Dienst ist, anders als es das Gerede vom „aufgeblähten Sektor“ vermuten lässt, in den letzten Jahren massiv Personal reduziert worden. Die Löhne vieler Angestellter bei Bund und Kommunen hinken denen in der Privatwirtschaft hinterher.

taz
Eva Völpel

ist Redakteurin für Soziales und Arbeitsmarkt im Inland der taz.

Sicher, viele Kommunen haben nichts zu verteilen. Aber eine Gesellschaft, die in vorauseilendem Gehorsam ihre Ausgaben einer gewollt prekärer werdenden Einnahmesituation anpasst, nimmt sich jeden politischen Gestaltungsanspruch. Mit dem Sachzwangargument wird die Diskussion über eine gerechte Steuer- und Umverteilungspolitik kleingehalten.

Daher muss die Frage umgekehrt lauten: Was sind uns gute Lehrerinnen, Lebensmittelkontrolleure, Altenpfleger wert? Viele Bürger gönnen ihnen eine deutliche Lohnerhöhung. Das zeigen die Sympathien für die Warnstreiks der letzten Woche. Der Tarifkonflikt hat gerade erst begonnen.

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Eva Völpel
Inlandsredakteurin
Jahrgang 1976. Ist seit 2009 bei der taz und schreibt über Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie die Gewerkschaften
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3 Kommentare

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  • H
    Hans

    Wenn ein großer Teil der Beschäftigten im öffentlichen Dienst mit den Eingangsstufen nicht mehr in der Lage ist, eine Familie zu ernähern und entsprechend ein 400-EURO-Job, Wohngeld oder ein verdienender Ehe/Lebenspartner dazu kommen muss, dann muss der Staat seine Gehälter nach Oben anpassen.

     

    Für meine Verhältnisse hat ver.di diese Botschaft noch nicht mal radikal genug formuliert. Alleine die Beamten und Angestellen im Öffentlichen Dienst, die 400-EURO-Jobs machen, schaden die Gemeinschaft inzwischen auf einem Riesenniveau. Aber sie tun es nicht aus Geldgeilheit, Konsumfreude oder Ignoranz, sondern um zu überleben. Und das bedeutet eben, dass gerade diese Leute über Jahre zu wenig Lohnerhöhungen erhalten haben.(Die 400-EURo-Regelung gehört aber dennoch gekippt)

     

    Und dieses Arbeitgeber-Angebot ist nicht ehrlich als Angebot gemeint, sondern eine Eröffnungsposition, die hoffentlich durch massive Streiks noch auf die richtige Linie gebracht wird, denn es braucht ein starkes Signal, zumal die Schuldenbremse in einigen Bundesländern nochmals zulasten der Beschäftigten gehen soll. ->In Hamburg hat dies sogar der SPD-Finanzsenator angekündigt und für jedes Prozent mehr als eins, will er umfangreiche Entlassungen zur Not vornehmen, um sein Ziel zuerreichen. Bei solchen Parolen wünsche ich mir viel Kampfkraft von ver.di, denn solche Erpressungen müssen von vornherein erstickt werden.

  • NG
    [Name Gelöscht]

    "Im öffentlichen Dienst ist, anders als es das Gerede vom „aufgeblähten Sektor“ vermuten lässt, in den letzten Jahren massiv Personal reduziert worden. Die Löhne vieler Angestellter bei Bund und Kommunen hinken denen in der Privatwirtschaft hinterher."

     

    Ich bin angenehm überrascht, dass hier einmal nicht das weit verbreitete Vorurteil über die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, die für´s nichts tun viel Geld bekommen, bedient wird. Ich bin selbst im öffentlichen Dienst beschäftigt und ich vermeide es, über meinen Beruf zu sprechen, um unleidlichen Diskussionen aus dem Weg zu gehen, in denen mir die bekannten Vorurteile entgegenschlagen.

     

    Die Arbeitsbedingungen (immer mehr Stellenkürzungen, wo schon gar nichts mehr zu kürzen ist, kein Geld für Fortbildung, permanente Arbeitsüberlastung aufgrund fehlenden Personals, im Angesicht von Haushaltssperren trotzdem noch einen gesetzlichen Auftrag erfüllen müssen etc.) werden tatsächlich zunehmend unerträglich. Allerdings bin ich auch der Meinung, dass man bei den Lohnforderungen genau differenzieren muss. Gerade bei den unteren und mittleren Gehaltsgruppen halte ich eine Anpassung der Bezüge für unerläßlich,im gehobenen und höheren Dienst allerdings nicht unbedingt. Und genau das ist das Problem - gespart wird wie immer an den Basis, also bei den Leuten, die die Arbeit machen, und nicht auf Leitungsebene.

  • AW
    Annelies Wolff

    Lehrergehälter:

    Diese fallen bei diesen Tarifverhandlungen heraus, da die "Ländersache" sind und diese Tarifverhandlungen für Bund und Kommunen stattfinden. Die Lehrer sind also nicht betroffen.Hier gab es 2011 Tarifverhandlungen und da wurde ein Vertrag bis Ende 2012 ausgehandelt.