Kommentar Obama und die Autos: Eine Ökosteuer wäre klüger gewesen
Es ist ein gut, dass Präsident Obama endlich den Verbrauch der Ami-Schlitten angeht. Nur wählt er das falsche Mittel.
E s ist nicht einfach, eine heilige Kuh zu schlachten. Noch schwieriger ist es für den US-Präsidenten Barack Obama, seine Landsleute ein bisschen vom Auto zu entwöhnen.
RALF SOTSCHECK ist taz-Korrespondent für Großbritannien - und vertritt zur Zeit in Washington seine Kollegin Adrienne Woltersdorf.
Sicher, das neue Gesetz zur Wirtschaftlichkeit des Kraftstoffverbrauchs wird Benzin einsparen und den Kohlendioxidausstoß senken. In sieben Jahren werden die US-Automobile so wirtschaftlich im Kraftstoffverbrauch sein, wie die europäischen Autos es heute schon sind.
Aber das hätte er billiger und vor allem schneller haben können: durch eine Erhöhung der Benzinsteuer, die immer noch weitaus niedriger ist als in allen anderen Ländern der entwickelten Welt. Stattdessen doktert er an einem Gesetz herum, das Präsident Gerald Ford bereits 1975 verabschiedet hat. Natürlich ist es im Prinzip lobenswert, weil es gegen den Klimawandel hilft.
Aber bei den Statistiken wurde ein wichtiger Faktor ignoriert. Zwar stieg die Wirtschaftlichkeit des Benzinverbrauchs seit Einführung des Gesetzes: Damals reichte eine Gallone Benzin nicht mal für 20 Meilen, heute sind es bei neuen Autos mehr als 28 Meilen.
Aber diese Verbsserungen fielen stets mit einer Erhöhung des Ölpreises zusammen. Die Automodelle des Jahres 1987 waren mit 26,2 Meilen sehr effizient, danach nahm die Wirtschaftlichkeit bis 2007 ab, als der Ölpreis erneut stark anstieg.
Darüber hinaus schuf man mit der Einführung des Wirtschaftlichkeitsgesetzes eine Gesetzeslücke: Für normale PKWs gab es eine strikte Vorgabe, für Kleinlastwagen eine viel laschere. Die Folge war, dass im vorigen Jahr die Hälfte aller neu zugelassenen Fahrzeuge Kleinlastwagen waren. Vor rund 30 Jahren, als das Gesetz eingeführt wurde, lag ihr Anteil bei bloß zehn Prozent.
Einen Anreiz, nicht mit dem Auto zum Friseur um die Ecke zu fahren, gibt es nach wie vor nicht. Dabei wäre die Gelegenheit gerade jetzt günstig gewesen. Obama hat die Mehrheit im Kongress, die Autolobby, die bisher gegen die Steuererhöhung opponiert hat, ist am Boden.
Der Haushaltsausschuss des Kongresses schätzt, dass eine Steuererhöhung um 46 Cent pro Gallone zu einem Rückgang von zehn Prozent des Benzinverbrauchs führen würde. Aber heilige Kühe besteuert man nicht.
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