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Obama macht ernst mit KlimaschutzAmi-Schlitten müssen schrumpfen

Die US-Regierung stellte am Dienstag einschneidende Pläne für den Klimaschutz vor: Der Verbrauch der Autos soll um ein Drittel sinken - eine kleine Revolution.

Die Zeit der spritfressenden Pick-ups, sowie der sonstigen "Ami-Schlitten" nähert sich auch in den USA langsam dem Ende. Bild: ap

WASHINGTON taz | Das waren noch Zeiten, als Dean Martin und Playboy-Model Stella Stevens in dem Hollywood-Film „Leise flüstern die Pistolen“ in einem riesigen Mercury Station Wagon herumfuhren. Der „Sex Wagon“, wie er in dem Film hieß, verfügte über zwei Schlafzimmer, eine Bar, einen Fernseher, und er schluckte natürlich Unmengen Benzin.

Demnächst dürfen solche Autos nicht mehr in den USA herumfahren - geht es nach den Plänen des Weißen Hauses. US-Präsident Barack Obama hat am Dienstag eine Verordnung vorgestellt, wonach neue Autos und Lastwagen ab 2016 mit einer Gallone Benzin (3,8 Liter) im Durchschnitt 35,5 Meilen weit kommen müssen – zehn Meilen weiter als bislang.

Umgerechnet entspricht das einem Verbrauch von 6,6 Litern auf 100 Kilometer. Das ist eine Senkung um knapp ein Drittel gegenüber dem jetzigen Verbauch.

Autos verursachen ein Viertel aller Treibhausgase in den USA. Der neue Plan würde den Ausstoß auf etwa 150 Gramm pro Kilometer begrenzen – 60 Gramm weniger als heute.

Das ist bezogen auf die USA eine kleine Revolution - für europäische Verhältnisse freilich nicht ganz so beeindruckend: In der EU müssen die Emissionen bis 2015 auf 120 Gramm im Durchschnitt der Autoflotte eines Herstellers sinken.

Immerhin: Das habe den gleichen Effekt, als ob man 177 Millionen Autos aus dem Verkehr ziehen würde, rechnete Obamas Pressesprecher Robert Gibbs vor. Neben den Umweltverbesserungen werde auch "unsere gefährliche Abhängigkeit von ausländischem Öl" verringert, fügte er hinzu.

Obama sagte, dass die Verordnung nicht ohne die Zusammenarbeit zwischen US-Umweltbehörden, den Bundesstaaten, Umweltschutzverbänden, dem Kongress, der Autoindustrie und den Gewerkschaften zustande gekommen wäre.

Vorreiter war Kalifornien, das die strengeren Umweltauflagen bereits 2007 einführen wollte, von Obamas Vorgänger George Bush aber zurückgepfiffen wurde. Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger sprach denn auch von einer "historischen Entscheidung" Obamas, Umweltorganisationen bezeichneten die Verordnung gar als "bahnbrechend".

Aber auch die Autoindustrie ist zufrieden, weil es endlich eine einheitliche Regelung für das gesamte Land gibt und sie genügend Zeit hat, sie umzusetzen. Außerdem sind die neuen Werte nicht über die Maßen schwer zu erreichen: Denn sie liegen mit zehn Gramm weniger nur knapp unter den heute schon in der Europäischen Union vorgeschriebenen Zahlen von 160 Gramm pro Kilometer.

Beim Gesetzesentwurf, der die Strom- und Schwerindustrie zur Reduzierung von Treibhausgasen verdonnern sollte, musste Obama dagegen einen Kompromiss eingehen. Das Gesetz wird nun in abgemilderter Form verabschiedet, vermutlich noch in dieser Woche. In seiner ursprünglichen Fassung wäre es an den Abgeordneten der Demokraten aus dem Westen und mittleren Westen, deren Heimatstaaten von Kohle und Schwerindustrie abhängen, gescheitert.

Eigentlich sollten die Treibhausgase bis 2020 um 20 Prozent reduziert werden, nun sind es nur noch 17 Prozent.

Auch die Vorgabe, dass sämtliche Bundesstaaten ihren Energiebdarf bis 2025 zu einem Viertel aus Erneuerbaren Energien decken sollen, ließ sich nicht durchzusetzen. Stattdessen sollen es 15 Prozent bis 2020 sein. Dafür soll aber der Enegierverbrauch bis dahin durch neue Technologien um fünf Prozent gesenkt werden.

Beim Handel mit Emissionszertifikaten gibt es ebenfalls einen Kompromiss: Umweltorganisationen hatten verlangt, dass die Zertifikate versteigert werden - also jene Papiere, die der Industrie erlauben eine festgelegte Menge Kohlendioxid auszustoßen. Der Erlös sollte Energiesparprojekten zugute kommt.

Nun will die Regierung aber einen Teil der Zertifikate kostenlos abgeben – 35 Prozent davon an lokale Stromversorger. In Deutschland wurden seinerzeit alle Zertifikate an die Industrie verschenkt, was dazu führte, dass einige Unternehmen sich an überzähligen Zertifikaten bereichern konnten.

Die Verwässerung des Gesetzes ist auf Druck der Stromunternehmen, der Gas- und Ölkonzerne zustande gekommen – also der größten Kohlendioxidsünder. Die haben im ersten Quartal dieses Jahres fast 80 Millionen Dollar für Lobbyarbeit ausgegeben. Mehr als 9 Millionen davon kamen alleine von Exxon.

Es ist daher kaum überraschend, dass viele moderate Demokraten plötzlich die Argumente der Industrie anführten, um das geplante Gesetz für saubere Energie abzuschwächen.

Die Argumente waren die üblichen: Es habe negative Folgen für die Wirtschaft und werde zu Preiserhöhungen führen. Senator John Barrasso von den Republikanern legte sogar ein Papier vor, wonach die Gefahr durch Treibhausgase jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehre, sondern rein politisches Kalkül sei.

Autor dieses Papiers, so stellte sich später heraus, ist Joseph Johnson, der für Koch Industries arbeitet, das größte Privatunternehmen der USA, das in jedem Bereich der Umweltverschmutzung landesweit führend ist und Dutzende rechter Organsiationen finanziert. Das nennt man erfolgreiche Lobbyarbeit.

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