Kommentar Obama Atomkraft: Atomkraft am Tropf
Selbst wenn in den USA mit dem Bau neuer Reaktoren begonnen würde, zeugt das keineswegs davon, dass nun in Demokratien ein neuer Atom-Boom bevorsteht.
A uf den ersten Blick ist es eine sensationelle Meldung. Ausgerechnet Barack Obama, Hoffnungsträger aller Progressiven, adelt die Atomkraft zur wirtschaftlichen und klimafreundlichen Energiequelle der Zukunft. Befürworter der Technik sehen es als Durchbruch, dass nun neben China und Russland auch die USA nach drei Jahrzehnten ohne neue Genehmigungen nun wieder massiv auf Atomkraft setzen.
Tatsächlich sind aber Zweifel angebracht. Zum einen hat Obama zunächst nur Kreditgarantien bewilligt - was auch George W. Bush ohne praktische Konsequenzen getan hatte. Denn genehmigt sind die neuen Reaktoren damit noch nicht. Manche Beobachter sehen in Obamas Ankündigung zudem nur eine Strategie, um die Republikaner dazu zu bewegen, dem Klimagesetz zuzustimmen.
Doch selbst wenn in den USA tatsächlich mit dem Bau neuer Reaktoren begonnen werden sollte, zeugt das keineswegs davon, dass nun in marktwirtschaftlichen Demokratien ein neuer Atom-Boom bevorsteht. Im Gegenteil: Dass Obama für zwei AKWs eine Kreditgarantie von über 8 Milliarden Dollar zusagen muss, zeigt eindrücklich, dass sich Atomkraft nur mit massiver staatlicher Unterstützung rechnet. Zu diesem Schluss war jüngst auch die politisch unverdächtige Citibank gekommen.
Malte Kreutzfeldt ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt bei der taz.
Damit sich neue Atomkraftwerke allein rechnen, müssten sie ihren Strom dauerhaft für mindestens 8 Cent pro Kilowattstunde verkaufen. Zu diesem Preis lässt sich in absehbarer Zeit aber auch Strom aus Windrädern oder großen solarthermischen Kraftwerken erzeugen. Am staatlichen Tropf kann die Atomtechnik darum vielleicht kurzfristig reanimiert werden. Dauerhaft überleben wird sie angesichts solcher Zahlen nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe