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Kommentar OECD-BildungsdatenDie Dummheit der Deutschen

Kommentar von Christian Füller

Die Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit ist kein böser Onkel, der sich Deutschland als Watschenmann ausgesucht hat. Was die Pariser Statistiker festhalten, sind nüchterne Zahlen.

E s ist geradezu peinlich, sich Jahr für Jahr die OECD-Zahlen über Bildung in Deutschland ansehen zu müssen. Während hierzulande permanent die Mehr-Wissen-Trompete geblasen wird, sieht das auf den Zeugnissen aus Paris immer ganz anders aus. So sinkt die Zahl der Studienanfänger immer weiter und auch die Bildungsausgaben bewegen sich nach unten.

Nun gibt es die Kritiker, die sich über die ständigen Mäkeleien der OECD echauffieren. Genug der Pisazeugnisse, wir können genug, heißt deren Credo - und das ist grundfalsch. Die Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit ist kein böser Onkel, der sich Deutschland als Watschenmann ausgesucht hat. Was die Pariser Statistiker festhalten, sind nüchterne Zahlen. Alle Lebensqualitätsstudien zeigen: Je mehr Bildung und Qualifikation, desto mehr Einkommen, Gesundheit, Lebenserwartung, ja wenn man so will, Glück hat der Einzelne zu erwarten.

Man muss solche persönlichen Vorteile nicht überschätzen - für die Entwicklung der Gesellschaft als Ganzes aber sind gute Bildungschancen gar nicht hoch genug zu bewerten. Dieses Land hat immer weniger Schüler, und gleichzeitig wird die Quote der gut Ausgebildeten nicht größer, sondern kleiner. Es gibt Regionen, die mittlerweise einen toten Eindruck machen: Die Gebildeten fliehen oder heiraten weg - und ein doofer und vernachlässigter Rest bleibt zurück.

Bild: privat

Christian Füller ist Bildungsredakteur der taz.

Man muss nicht das Schreckenszenario an die Wand malen, dass das ganze Land in eine kollektive Depression verfällt. Aber man darf sich keine Illusionen machen, was geschieht, wenn ein Exportweltmeister zu wenig schlaue Kinder hervorbringt. Diesen Titel kann man wohl bald vergessen. Und zugleich wird das Wohlbefinden der Bürger sinken.

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3 Kommentare

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  • O
    OhA

    die überschrift und der untertitel sind dämlich. die studie inhaltsleer wie flasche leer.

  • M
    Makeze

    Ich bin '99 aus Deutschland nach Schottland gezogen, wo die Schule lediglich verlangte, dass ich zuvor auf einem Gymnasium war. Auf die Frage welche Noten ich denn mitbringen müsse, sagte man mir dies sei völlig egal. Das niveau auf deutschen Gymnasien halte man zwar für sehr hoch, soll heißen ich kann ja nicht völlig verblödet sein wenn ich schonmal drauf war, jedoch hinken Lehrplan sowie Didaktik mindestens 30 Jahre hinterher.

    Soweit so gut. 2002 war ich dann mit meiner "Scottisch Highers Qualification" auf Studienplatzsuche. In den Niederlanden bewarb ich mich, indem ich einen zweiseitigen Bewerbungsbogen ausfüllte und eine einfache Kopie meines "Abi" verschickte. Zwei Wochen später hatte ich die zusage. Dort gilt bei der Studienplatzvergabe: wer zuerst kommt malt zuerst. Leider war das Studium nichts, und ich suchte nochmal in Deutschland. Hier musste ich amtlich beglaubigte Kopien einer Übersetzung meiner Hochschulzugangsberechtigung durch eine staatlich anerkannte Übersetzerin an das jeweilige Kultusministerium des entsprechenden Bundeslandes schicken, die für zwischen 80,- und 130,- Euro meinen Notendurchschnitt "errechnen", was bedeutet, dass sie auf den Schnitt eine ganze Note drauf setzen (schliesslich kann man ja nicht davon ausgehen, dass man ausserhalb der BRD den selben anspruchsvollen Bildungsstand erreichen könnte, siehe PISA), und als Bildungsausländer trotz 10 Jahre deutscher Schule, meinem Personalausweis und geleistetem Wehrdienst, noch einen Deutschtest absolvieren. Haben wohl nicht gemerkt das ich die Sprache spreche als ich mich mit ihnen unterhalten habe.

    Dies könnte ich ja alles noch als unglücklichen Mix von typisch deutscher Bürokratie und nationaler (könnte auch in anderen Ländern vorkommen) Arroganz abtun. Allerdings sollte mir dann noch der Zugang zu meinem Wunschfach Rechtswissenschaft verwehrt werden. Auf der Konferenz der Kultusminister hat man nämlich mal eine Richtlinie entwickelt, nach der bestimmt wird wer aus welchem Land denn noch bestimmte Mindestanforderungen für bestimmte Studienfächer mitbringen müsse. Nur für selten belegte Nischenfächer wie Jura, und für Menschen aus fernen exotischen Ländern wie EU-Partner Großbrittanien gilt eine pauschale Losung: Du musst das, was du studieren möchtest auch als Schulfach gehabt haben. Haha Freunde, jetzt stellt euch mal vor ihr müsstet einer Beamten-Tante in der Stelle für Zulassungsangelegenheiten erklären, dass dies völlig unlogischer Quatsch ist. Wie, es gibt kein Jura als Schulfach? Manche Wirtschaftsgymnasien haben immerhin Arbeitsrecht! Auch dass das britische Rechtssystem grundlegend ander ist als das deutsche ist egal. Und auch wenns nur eine Richtlinie ist, daran hat man sich stets zu halten!

    Deutschland muss hier endlich die Scheuklappen ablegen und schleunigst eine grundlegende Reformbereitschaft an den Tag legen. Änderungen im Bildungssystem brauchen eine Generation um Wirkung zu zeigen.

  • N
    Nikolas

    PISA ist alles andere als nüchtern, sondern ein Programm der OECD, um der Bildungsindustrie ein lukratives neues Geschäftsfeld zu bieten.

     

    PISA misst nicht Bildung (ist die überhaupt messbar?), sondern schlicht Kompetenzen und das auch nur in scheinbar für die Wirtschaft wichtigen Fächern (alle anderen Fächer fallen einfach unter den Tisch und werden immer weiter marginalisiert).

     

    Und Deutschland schneidet bei PISA auch nur deshalb so schlecht ab, weil unser Bildungssystem einfach nicht auf den PISA-Test ausgerichtet ist.

     

    Eine etwas kritischere Haltung zu PISA hätte ich von der taz doch erwartet, da kann man ja gleich die FAZ lesen.