Kommentar Nordkorea-Konflikt: China mimt den Friedensengel
Die Regierung in Peking versucht lediglich, sich als asiatischer Friedensstifter zu inszenieren, während die anderen mit dem Säbel rasseln.
S üdkoreanische Militärs fordern Rache, die USA schicken einen Flugzeugträger ins Manöver, und Nordkorea droht wie üblich mit Krieg: Sechs Tage nach dem nordkoreanischen Artillerieangriff auf die Insel Yeonpyeong ist die Atmosphäre weiter höchst angespannt.
Daher lädt die chinesische Regierung zur Krisensitzung ein: Die beiden Koreas, die USA, Japan und Russland sollen Anfang Dezember in der chinesischen Hauptstadt zusammen einen Ausweg suchen.
Lieber reden als schießen: Die Pekinger Initiative scheint vernünftig. Sie ist aber nur sinnvoll, wenn sich die wichtigsten Konfliktbeteiligten - China, die USA und Südkorea - die Mühe machen, eine neue Strategie gegenüber Nordkorea zu finden. Denn weder Sanktionen noch Streicheleinheiten haben bislang gefruchtet.
Jutta Lietsch ist Asien-Korrespondentin der taz.
Die Chancen dafür sehen derzeit allerdings schlecht aus. Die USA bestehen darauf, dass eine Wiederaufnahme der sogenannten Sechser-Gespräche über eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel erst Sinn mache, wenn Nordkorea nuklear abrüstet. Nordkorea weigert sich, Südkorea verlangt eine Entschuldigung für den Angriff auf Yeonpyeong und die Versenkung der Korvette "Cheonan".
Die chinesische Regierung ist zornig darüber, dass die USA "ohne Erlaubnis" im Gelben Meer aufkreuzen, das Peking als "exklusive Wirtschaftszone" beansprucht. Nichts weist darauf hin, dass China das Regime von Kim Jong Il - etwa mit wirtschaftlichen Sanktionen - zum Einlenken zwingen will.
Das Zukunft ist vorhersehbar: Die Nordkoreaner bauen ihr Atomwaffenprogramm weiter aus, während alle anderen Staaten in der Region kräftig weiter aufrüsten. Der jüngste Pekinger Vorstoß ist lediglich der Versuch, sich als asiatischer Friedensstifter zu inszenieren, während die anderen mit dem Säbel rasseln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin