Kommentar Neue Ökostromförderung: Nur theoretisch eine gute Idee
Per Auktion wird die Höhe der Förderung von Ökostrom ermittelt? Hört sich erstmal gut an. Doch Bürgerprojekte werden so faktisch benachteiligt.
E igentlich gibt es gute Gründe dafür, neue Ökostromanlagen nicht mit einheitlichen Sätzen zu fördern, sondern die Höhe der Subventionen in einer Auktion zu ermitteln. Denn der Gesetzgeber legt die Fördersätze entweder zu hoch fest – dann erhalten die Wind- und Solarinvestoren mehr Geld als notwendig. Oder die Sätze sind zu gering – dann werden keine Anlagen gebaut.
Eine Auktion ermittelt hingegen immer genau die Höhe, die ein Investor mindestens braucht, um eine Anlage zu errichten. Zudem lässt sich die Gesamtleistung der neuen Anlagen genau festlegen.
Doch was sich in der Theorie so überzeugend anhört, führt in der Praxis leider zu zahlreichen Problemen. Zum einen besteht die Gefahr, dass Anlagen, die sich mit niedrigen Angeboten den Zuschlag gesichert haben, am Ende gar nicht realisiert werden. Zum anderen muss für die Beteiligung an einer Auktion die gesamte Planung finanziert werden, ohne zu wissen, ob das Projekt am Ende überhaupt einen Zuschlag bekommt. Das können große Investoren, die viele Anlagen parallel planen, problemlos verkraften. Für Bürgergenossenschaften, die einen einzelnen Wind- oder Solarpark errichten wollen, ist das jedoch eine große Hürde.
Die Bundesregierung hat versprochen, durch Sonderregeln dafür zu sorgen, dass Bürgerprojekte bei Ausschreibungen dennoch zum Zug kommen können. Doch bei den ersten Pilotprojekten im Solarbereich ist sie damit komplett gescheitert. Dennoch soll das Verfahren nun auch auf Windparks ausgedehnt werden.
Das wird die Energiewende nicht abwürgen, wie manche Kritiker befürchten. Aber es wird ihre Akzeptanz in der Bevölkerung verringern. Denn ein Windrad, an dem viele Menschen aus der Umgebung finanziell beteiligt sind, stößt auf deutlich weniger Widerstand. Wenn die Politik auf Ausschreibungen setzt, muss sie wenigstens durch eine Quote für Genossenschaften dafür sorgen, dass Bürgerenergie weiterhin möglich bleibt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball