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Kommentar NeonazisHeil Limbach-Oberfrohna!

Kommentar von Patrick Gensing

In der sächsischen Provinz haben Lokalpolitiker offenbar keine Probleme mit rechtsextremen Strukturen. Die, die sich wehren, werden als Nestbeschmutzer verunglimpft.

Der Autor

PATRICK GENSING betreibt die Seite NPD-Blog.info.

D ie Ereignisse in Limbach-Oberfrohna taugen nicht für einen Fernsehfilm: Unglaubwürdig, überzeichnet, einfach platt - so würde das Urteil über ein Drehbuch lauten, das Geschichten aus der sächsischen Stadt erzählt. Die Hauptdarsteller: Kommunalpolitiker, die mit rechtsextremen Strukturen keine Probleme haben; eine Staatsregierung, die Engagement gegen Neonazis massiv behindert; braune Schläger, die Menschen terrorisieren, welche nicht in ihr primitives Weltbild passen.

Die Story hat noch einen Haken: Die alternativen Jugendlichen taugen im Mainstream so gar nicht als Opfer. Bunte Haare, Piercings und linksradikale Einstellungen - so macht man sich nur wenig Freunde, besonders in Sachsen, wo der Feind generell links steht und bei Anti-Nazi-Protesten einfach mal Hunderttausende Mobilfunkdaten von Demonstranten, Journalisten, Rechtsanwälten und Anwohnern gespeichert werden.

Den Menschen, die in Orten wie Limbach-Oberfrohna die Courage zeigen, sich gegen die braune Bedrohung zu wehren, gebührt allerhöchster Respekt für ihren Mut. Doch vor Ort werden sie als Nestbeschmutzer mit Dreck beworfen, da sie Probleme thematisieren, von denen man entweder nichts hören will - oder die für viele gar keine sind. Einige Bürger überlegen bereits, Limbach-Oberfrohna zu verlassen. Nachvollziehbar. Denn welche Zukunft haben Jugendliche, wenn sie sich mit den regionalen Nazi-Horden gut stellen müssen, um nicht zusammengeschlagen zu werden? Für eine Stadt, die mit NPD-Veranstaltungen und Neonazi-Strukturen kein Problem hat, in der bedrohte Jugendliche alleingelassen werden, lohnt es sich nicht zu kämpfen.

Limbach-Oberfrohna und Sachsen tun wirklich alles, um ihr Neonazi-Problem zu manifestieren. Der Freistaat ist die unangefochtene braune Hochburg Deutschlands - Limbach-Oberfrohna auf dem besten Weg, zur "national befreiten Zone" zu werden. Ein Happy End ist hier nicht in Sicht.

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7 Kommentare

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  • R
    racoon

    Ich habe selbst 9 Jahre, bis 2009, in Limbach-Oberfrohna gewohnt und das Problem dieser Stadt als nicht gravierender als sonst im Sächsischen empfunden. Jedoch muss man sich eingestehen, dass die Gewaltbereitschaft der "neuen Generation" von Neonazis wirklich erschreckend ist. Ebenso ist hier eine lange Tradition inklusive Verbindung zu den verfassungsfeindlich erklärten "Skinheads Sächsische Schweiz" vorhanden... Vor Allem der Stadt selbst mache ich hier Vorwürfe, weil ich das Gefühl habe, dass sie versucht hat, das Problem um des Ansehens der Stadt Willen zu verharmlosen. "In Limbach-Oberfrohna gibt es keine Rechtsextremen."(oder aussagegleich) ĺautete die Antwort der Stadt auf einen Angriff auf einen Jugendclub von Linken in der Innenstadt, der bezeugt von dem rechten Milieu zuzuordnenden Personen durchgeführt wurde. Ich glaube, ich könnte noch Stunden so schreiben...

  • I
    Ilmtalkelly

    @ immigriert nach Sachsen

     

    In den alten Bundesländern ist der Tisch reicher gedeckt, Osteuropa entfernter, die Menschen im allgemeinen mit sich zufriedener.

    Das kannst du mit Bildung in Demokratie an Schulen in Sachsen einfach nicht hinkriegen.

    Die schwachen Demokratien in armen Ländern und Diktaturen in den ärmsten Ländern sind kein Zufall. Der Osten ist in Teilen der Bevölkerung , was die Gleichstellung mit ihren westd. Landsmännern betrifft, von Hoffnungslosigkeit und Frustration geprägt.

    Deine Wahrnehmung könnte von eigenem Wohlstand sowie einer relativ intakten Infrastruktur verzerrt sein.

    In den neuen Bundesländern ist das Pradox einer augenscheinlichen strukturstabilen Wohlstandskultur und einer weitverbreiteten Armut entstanden.

    Das zeigt leider auch die Pervertierung des Demokratiebegriffs, denn Wohlstand geht nur auf Kosten anderer oder glaubst du an die Minderproduktivität der Ostdeutschen.

    Die antiken Demokratien waren von Sklaverei begleitet. Mit dem Begriff Demokratie ist noch nichts erklärt. Du sehnst dich vielleicht nach Menschlichkeit und gegenseitigem Respekt.

    Dann trage dazu bei!

  • J
    Jens

    Ich komme selbst aus Sachsen und kann da nur zustimmen.

    In den Sächsischen Medien wird man so einen Artikel

    nicht finden, oder nur als Randnotiz.

    Einfach grauenhaft wie hier in Sachsen mit den Nazis umgegangen wird, insbesondere die für die Sächsische Zeitung als so gut wie einziger Meinungsbilder steht der Gegner links.

  • IN
    immigriert nach Sachsen/Dresden

    Ich kann 'Sachse' leider nur zustimmen, auch wenn es mich sehr entsetzt gerade in jüngster Zeit meine persönlichen Empfindungen, die ich oft noch versucht habe abzutun, nun in Presse etc. immer mehr bestätigt zu finden: Sehr viele Sachsen - vereinfacht gesagt Sachsen - hat ein massives Problem mit Demokratie und seinem Demokratieverständnis.

     

    Es geht mir dabei nicht direkt um rechtsextreme, sondern eigentlich um die "normalen" Bürger/innen und da gerade die, die meinen, sie würden sich mindestens demokratisch im Sinne der BRD verhalten (ganz anders als vor über 20 Jahren also). Ich habe in Kommentaren hier schon des öfteren ganz alltägliche Beispiele genannt.

     

    Da ich mich prinzipiell eigentlich gegen das banale 'Ost-West' verwehre, versuche ich zumindest das unterschiedliche Verhalten zu erklären:

     

    Auch in den westlichen Bundesländern gibt es genug und überall Fälle, die zeigen, dass auch hier bzw. dort mit demokratischen Werten nicht gerade sorgsam umgegangen wird. Was ist aber der Unterschied?

     

    Meine aktuelle These:

     

    Im 'Westen' haben die Bürger/innen bisher mehr Zeit gehabt, mit parlamentarischer Demokratie vertraut zu werden bzw. ihre Spielregeln kennen zu lernen. Großen Aufruhr gab es nochmal in den 60ern - also auch gut 20 Jahre nach Ende des vorherigen Systems.

    Jetzt kennen viele die Spielregeln, sind großteils mit ihnen einfach auch groß geworden, aber nun werden die Regeln gerne (bewusst) umgangen, um zum persönlichen Ziel der Umsetzung der eigenen Meinung zu kommen.

    Im 'Osten' dagegen ist es jetzt erst gut 20 Jahre nach Systemwechsel. An vielen Stellen sind einfach noch die, die im vorherigen System sozialisiert worden sind. Sie denken, dass sie jetzt demokratisch denken, fühlen und leben, tun es aber an sehr vielen Stellen definitiv nicht - nach dem Motto: "Ich bin gewählt, dann habt ihr doch gesagt, ich soll für Euch bestimmen" oder "Ich bin Polizist, ich habe die Aufgabe die Bürger und den Staat zu schützen. Ich bin die Lehrerin, ich bin dazu da, den Kindern was beizubringen. Ich bin Dein Arbeitgeber, ich habe die Verantwortung für alles zu tragen." Da wird dann nicht weiter gefragt oder einbezogen. Der/die Bestimmer/in steht ja offiziell fest. Es geht auch gut 20 Jahre nach Mauerfall strikt von oben nach unten, es wird an vielen Stellen, auch sog. alternativen, geherrscht. Leider sehen das die 'Herrscher/innen und deren jeweiliges Volk' aber oft nicht so: sie agieren doch jetzt demokratisch! Und wenn man/frau wo auch immer jemanden auf undemokratische Zustände in Betrieb, Schule, Verwaltung oder Politik hinweist, dann wird ganz schön heftig und unsachlich emotional geschossen und man/frau kann nur froh sein, dass niemand kommen wird, um eine/n zu holen. Hier werden oft nicht oder un-bewusst demokratische Regeln umgangen, weil sie leider noch gar nicht ins alltägliche Leben integriert worden sind.

    Und wie mit Systemkritiker/innen und 'Störenfrieden' umzugehen ist, ist in den vergangenen 80 Jahren tief und fest in Fleisch und Blut über gegangen, nur die Behörden heißen jetzt wieder anders.

     

    Darin sehe ich das gefährliche in Sachsen.

     

    Reisefreiheit bedeutet noch lange nicht, dass politisches Selbstverständnis genauso freudig akzeptiert und umgesetzt worden ist.

     

    Daher: Bitte mehr Demokratiekampagnen in Sachsens Schulen, Betrieben und vor allem auch in den bürgerlichen Parteien!!!

  • A
    alcibiades

    Der Webdesigner ist jedenfalls schon mal weggezogen...

     

    www.limbach-oberfrohna.com

  • B
    Bob

    Ich finde, das ist gar keine schlechte Idee - sollen doch alle anderen die Neonazis in dem Kaff alleine lassen.

     

    Wär' doch spannend, was dann passiert.

    Die Nazis müssten dann vor allem sich selbst erklären, warum nicht umgehend das Paradies ausbricht, wenn sie ohne Linke und Ausländer unter sich sind. Bzw. manche Sachen erst richtig anfangen, schief zu gehen usw.

     

    Hey, wenn Ihr sowieso überlegt, wegzuziehen: macht doch gleich ne Kampagne draus.

  • S
    Sachse

    Das größte Problem an diesem Artikel ist, dass er der Wahrheit entspricht.