Kommentar Neonazis: Ermittler, an die Arbeit!
Den Ermittlern erscheint ein Rechtshilfeersuchen zu wenig erfolgsversprechend. Darf's noch ein bißchen weniger der Bemühungen sein?
I ch zitiere: Da der Server der Internetseite in den USA stehe, dort aber hierzulande Strafrechtliches von der Meinungsfreiheit gedeckt sei, sei ein Rechtshilfeersuchen "nicht erfolgversprechend". Ohne Betreiber der Homepage aber keine Anklage. Ende der Ermittlungen. So teilte es die Justizverwaltung kürzlich mit.
Die Rede ist von einer "Feindliste" von Berliner Neonazis im Internet. Die Autoren: der "Nationale Widerstand", die radikalste Spielart des hiesigen Neonazismus. Zur Erinnerung: Es sind mehr als 100 Namen, teils mit Fotos und Adressen, die dort seit Jahren aufgelistet werden. Demonstranten, Abgeordnete, Journalisten, Anwälte. Ihr Vergehen in den Augen der Neonazis: Engagement gegen rechts. Bei Drohungen wird es nicht belassen. Auf der Seite heißt es unverhohlen, man habe einem Linken-Bezirkspolitiker persönlich eine "körperliche Auseinandersetzung angeboten". Vor linken Hausprojekten, ebenfalls auf der Liste, fackelten Brandsätze, ein Neuköllner Jugendklub brannte zweimal ab.
Das sind keine Kinkerlitzchen. Und den Ermittlern fällt nichts weiter ein, als ein Rechtshilfeersuchen bleiben zu lassen - wegen mangelnder Erfolgsaussichten. Darfs noch ein bisschen weniger der Bemühungen sein? Warum wird das Ersuchen nicht mit Verweis auf handfeste Sachbeschädigungen und Körperverletzungen gestellt? Warum wird sich nicht in der Szene umgehört, wenn der Verfassungsschutz dort schon Informanten hält?
Aber nein, das LKA verschickt lieber Briefe an die Betroffenen: Es bestehe keine "konkrete Gefährdung". Ermittler, das kann nicht alles sein - an die Arbeit!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!