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Kommentar Neonazis in SachsenDie NPD wird keine neue PDS

Daniel Schulz
Kommentar von Daniel Schulz

Der Versuch der kommunalen Eliten in Ostdeutschland mit der NPD pragmatisch umzugehen, ist ein Zeichen der Sprachlosigkeit.

I m Kreistag von Nordsachsen wollen CDU-Politiker mit der NPD zusammenarbeiten. Im gleichen Kreis hat eine Lokalzeitung fast zeitgleich eine Pressemitteilung der NPD ungekürzt abgedruckt. Begründung in beiden Fällen: Man wolle die Rechtsextremen nicht ausgrenzen und fair mit ihnen umgehen. Beide Ereignisse sind Zeichen für eine Entwicklung in bestimmten Gebieten Ostdeutschlands - die schleichende Normalisierung der NPD.

Dass die Nationaldemokraten in Teilen Ostdeutschlands als politischer Arm einer sozialen rechtsextremen Bewegung akzeptiert sind, ist ein alter Hut. Neu sind die Versuche der kommunalen Eliten mit der NPD pragmatisch umzugehen. In vertraulichen Gesprächen sagen Kommunalpolitiker, die NPD würde sich heute so verhalten wie die PDS Anfang der 90er. Der NPD wird also zugetraut, sich wie die Linken zu wandeln - hin zu einer rechtskonservativen Partei, mit der man durchaus zusammenarbeiten kann.

Es gibt in der NPD tatsächlich Kämpfe darum, ob ein solcher Weg eingeschlagen werden soll. Doch bisher stemmt sich die Mehrheit der Funktionäre und Mitglieder gegen einen solchen Kurs, sie wollen den neonazistischen Markenkern behalten. Ohne Hakenkreuz und Hitler würde die NPD aufhören zu existieren, selbst wenn die Partei den Namen noch trüge.

Derzeit ist eine Zusammenarbeit mit der NPD indiskutabel. Dass sie dennoch gesucht wird, ist ein neuer Ausdruck für die Sprachlosigkeit der ostdeutschen Eliten, die Konflikte scheuen und sich mit der demokratischen Streitkultur nie angefreundet haben. Genau diese Streitfähigkeit wäre aber für die Auseinandersetzungen mit der NPD künftig nötig. Denn sie wird Personal und Anhänger hinzugewinnen, sodass die zumeist moralische Konfrontation der Gegenwart nicht mehr ausreichen wird. Dann müssen die Positionen der NPD inhaltlich widerlegt werden. Von daher haben die CDU-Lokalpolitiker in Sachsen eines richtig erkannt: Die Zeit der Ausgrenzung geht vorbei. Sie haben nur die falschen Schlussfolgerungen daraus gezogen.

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Daniel Schulz
Reportage und Recherche
Redakteur im Ressort Reportage und Recherche. Autor von "Wir waren wie Brüder" (Hanser Berlin 2022) und "Ich höre keine Sirenen mehr. Krieg und Alltag in der Ukraine" (Siedler 2023). Reporterpreis 2018, Theodor-Wolff-Preis 2019, Auszeichnung zum Team des Jahres 2019 zusammen mit den besten Kolleg:innen der Welt für die Recherchen zum Hannibal-Komplex.
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1 Kommentar

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  • A
    anke

    Ich bin entzückt! Endlich einer, der den Osten wirklich versteht! Der Osten also ist seine Elite und diese Elite ist sprachlos. Weil es ihr an Streitfähigkeit fehlt. Schön, dass es noch derart simpel gestrickte Weltbilder gibt in einer Zeit, die als vollkommen undurchschaubar gilt!

     

    Aber halt! War da nicht was? Doch, da war was. Die Medien waren. Und wenn man denen so zuhört, könnte man auf die Idee kommen, der Westen käme mit all seiner angeblich studierten Streitfähigkeit nirgendwo in der Welt auch nur einen einzigen Schritt weiter als die Kommunalpolitik im Osten Deutschlands. Schade. Und ich dachte schon, nun würden sich aus Anlass der nächsten Landtagswahl mindestens (wenn nicht sogar mehr als) zwei Drittel der sächsischen Wählerschaft geschlossen hinter Daniel Schulz versammeln. Was hätte das für eine wunderbar aktionsfähige Mehrheitsregierung gegeben im Land der Sachsen! Wahrscheinlich wären gleich nach der Wahl sämtliche (auch die gut getarnten) NPD-Anhänger Sachsens für immer und ewig ins Gefängnis gewandert. Damit wäre dann das deutsche Problem mit Hitler und den Hakenkreuzen ein für allemal gelöst gewesen in den Augen der Welt. Ja, das wäre wirklich schön gewesen!

     

    Denn leider hat der Mann übersehen, dass ein gar zu simples Weltbild anfällig für kritische Situationen macht. Was, nur zum Beispiel, wäre denn, wenn die NPD angesichts der neuesten Erkenntnissse der auch sehr klugen und besonders kämpferischen Friedrich-Ebert-Stiftung beschließen würde, nur so aus Jux und Tollerei eine Serie von Anträgen zu stellen in den Parlamenten, denen niemand die Menschenwürde und die Toleranz absprechen könnte? Die Sprache, schließlich, ist nur ein Instrument und wenn die menschenfreundlich angestrichenen Anträge sowieso und unbesehen abgelehnt werden...

     

    Tja, was dann? Dann wären wohl die etablierten Parteien die Dummen in den Augen gewisser, sich auf Grund persönlicher Erfahrungen für ganz besonders vorurteilsfrei haltender Wählerkreise. Zum Glück können ja derartige Fälle gar nicht eintreten. Schließlich: Clevere Nazis gibt es nicht. Und auch die NPD besteht ausschließlich aus bodenlos dummen Glatzköpfen, die zwar allesamt dem Sächsischen fröhnen, die aber zu keinem einzigen eigenen Gedanken in Bezug auf den erklärten Kriegsgegner Demokratie fähig sind und die auch nie im Leben etwas gehört haben von der Weisheit und Kühnheit (nur zum Beispiel) einer erklärt parteinahen Friedrich-Ebert-Stiftung.

     

    Warum ich mir da so sicher bin? Ganz einfach: Ich weiß ganz genau und unumstößlich, dass die Linke nichts weiter ist als eine heimtückisch getarnte ex-SPD.