Kommentar Nazi-Blockade in Dresden: Überfordert und frustriert
Die Blockade der Nazi-Demonstration in Dresden war ein Erfolg. Doch die Polizei, aber auch das Blockadebündnis haben ausreichend Grund zur Selbstkritik.
E s war wieder ein starkes Zeichen, doch es hatte auch seine Schattenseiten. Rund 20.000 Menschen gelang es am Samstag erneut, den Aufmarsch der Rechtsextremen in Dresden zum zweiten Mal in Folge - meist fröhlich, bunt und friedlich - zu verhindern. Außer einer gesunden Frustrationserfahrung blieb den Neonazis wahrlich nichts vom Tag.
Doch so fröhlich wie im letzten Jahr darf an diesem Wochenende nicht Bilanz gezogen werden. Nicht nur die Rechten, auch das Blockadebündnis und - vor allem - die Dresdner Polizei haben Grund, sich auch selbst zu geißeln.
Für das breite Bündnis der Nazigegner sind die Bilder brennender Barrikaden allein schon bündnispolitisch problematisch. Von der Antifa bis in die SPD hatte im vergangenen Jahr gerade der gewaltfreie Charakter der erfolgreichen Massenblockaden große Hoffnungen geweckt. Weil daran anknüpfend fortan besonders die Gemeinsamkeiten verschiedenster Gruppen betont wurden, konnte etwa im November eine Kampagne wie "Castor Schottern" neben dem bürgerlichen Anti-Atom-Lager in seinem legitimen Anliegen bestehen. Wer diese Bündnisoptionen gefährdet, handelt politisch unklug.
MARTIN KAUL ist Redakteur für "Politik von unten" bei der taz.
Den Peinlichkeitspreis erhält aber die Polizei. Wie zum Selbstbeweis ihrer Überforderung hatte sie am Wochenende kaum eine Situation souverän unter Kontrolle. Um überhaupt einen Erfolg präsentieren zu können, stürmte das LKA Samstagabend filmreif das Pressebüro des Blockadebündnisses.
Dass die Polizei in der Zivilgesellschaft Schuldige sucht, weil sie selbst das Demonstrationsrecht der Nazis nicht durchsetzen konnte, ist ein Skandal. Um das zu thematisieren, braucht es auch künftig verlässliche Bündnisse, die zusammenstehen können. Konsequent gewaltfrei.
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