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Kommentar NSU-UntersuchungsausschussSacharbeit statt Parteiengezerre

Wolf Schmidt
Kommentar von Wolf Schmidt

Keine Partei kommt aus dem Skandal unbeschadet heraus. Alle Aufklärer im NSU-Untersuchungsausschuss wissen das. Deswegen können sie sich auf volle Aufklärung konzentrieren.

N ach einem knappen halben Jahr kann man festhalten: Der Untersuchungsausschuss zu den Morden des NSU ist einer der erfolgreichsten, die es je gab. Er hat schon jetzt so viel ans Licht gebracht wie kaum ein anderer Untersuchungsausschuss.

Wöchentlich machten neue Mosaiksteine ein Bild der Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz sichtbar, das sehr unschön ist, um es vorsichtig auszudrücken. Fake-Dönerbuden wurden aufgebaut, um eine Lieferanten-Mafia anzulocken, die in den Köpfen der Ermittler herumspukte. Geisterbeschwörer sollten Kontakt zu Mordopfern aufnehmen. Und, und, und.

Auch die Affäre um vernichtete Akten wäre ohne den Untersuchungsausschuss womöglich nie ans Licht gekommen. Denn erst in der Vorbereitung zu seiner Aussage soll Verfassungsschutzchef Heinz Fromm herausgefunden haben, dass ein Mitarbeiter ausgerechnet an dem Tag, als der NSU öffentlich bekannt wurde, potenziell wichtige Akten aus dem Umfeld des Neonazi-Trios schredderte.

Bild: taz
Wolf Schmidt

ist Redakteur im Inlandsressort der taz.

Normalerweise läuft das bei Untersuchungsausschüssen ganz anders. Die Opposition beantragt ihn nicht selten als Kampfmittel, um die Regierung vorzuführen. Im Vordergrund steht dann oft nicht Sacharbeit, sondern parteipolitisches Kalkül.

Auch der NSU-Ausschuss ist natürlich nicht frei davon. Das merkt man, wenn es um mögliche Fehler aktueller oder vergangener Minister in Bund und Ländern geht. Aber auch da hält sich das Parteiengezerre noch im Rahmen. Denn was auch schon feststeht: Politiker und Behördenvertreter aller Couleur haben versagt. Und weil die Aufklärer im Ausschuss wissen, dass keine Partei unbeschadet aus dem NSU-Skandal herauskommt, können sie sich auf die Sache konzentrieren: das Mosaikbild komplett zu machen.

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Wolf Schmidt
Inlandsredakteur (ehem.)
Jahrgang 1979. War bis 2013 in der taz zuständig für die Themen Rechtsextremismus, Terrorismus, Sicherheit und Datenschutz. Wechsel dann ins Investigativressort der Wochenzeitung „Die Zeit“.
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2 Kommentare

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  • N
    Nobs

    Dem Kommentar ist im Grundsatz natürlich zuzustimmen.

     

    Apropos Mosaikbild: Vorläufig würde es mir reichen, mal ein genaues Bild dieses Tages im November erfahren zu können, der genauen Zeitpunkte, Abläufe.

     

    Warum erfährt man beispielsweise nicht, wie und wann Zschäpe von den Ereignissen in Eisenach erfahren hat?

  • S
    Stimmvieh

    "weil die Aufklärer im Ausschuss wissen, dass keine Partei unbeschadet aus dem NSU-Skandal herauskommt, können sie sich auf die Sache konzentrieren: das Mosaikbild komplett zu machen."

     

    Und weil AutofahrerInnen wissen, dass sie am Steuer nicht rauchen oder ohne Freisprechanlage telefonieren dürfen, können sie sich auf darauf konzentrieren vor dem Abbiegen zu blinken.

    Entscheidend ist doch nicht allein, was der Untersuchungsausschuss zu Tage fördert, sondern dass diese Erkenntnisse auch Konsequenzen haben, und danach sieht es bislang nicht aus.

    Dass die verschiedenen Verfassungsschutzämter rechtsextreme Strukturen nicht nur "beobachten" sondern über V-Leute eben - ob gewollt oder nicht - auch mit finanzieren, hat sich schon nach dem gescheiterten Versuch die NPD zu verbieten nicht geändert, und daran wird sich auch jetzt nichts ändern.