Kommentar NSU-Untersuchungsausschuss: Sacharbeit statt Parteiengezerre
Keine Partei kommt aus dem Skandal unbeschadet heraus. Alle Aufklärer im NSU-Untersuchungsausschuss wissen das. Deswegen können sie sich auf volle Aufklärung konzentrieren.
N ach einem knappen halben Jahr kann man festhalten: Der Untersuchungsausschuss zu den Morden des NSU ist einer der erfolgreichsten, die es je gab. Er hat schon jetzt so viel ans Licht gebracht wie kaum ein anderer Untersuchungsausschuss.
Wöchentlich machten neue Mosaiksteine ein Bild der Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz sichtbar, das sehr unschön ist, um es vorsichtig auszudrücken. Fake-Dönerbuden wurden aufgebaut, um eine Lieferanten-Mafia anzulocken, die in den Köpfen der Ermittler herumspukte. Geisterbeschwörer sollten Kontakt zu Mordopfern aufnehmen. Und, und, und.
Auch die Affäre um vernichtete Akten wäre ohne den Untersuchungsausschuss womöglich nie ans Licht gekommen. Denn erst in der Vorbereitung zu seiner Aussage soll Verfassungsschutzchef Heinz Fromm herausgefunden haben, dass ein Mitarbeiter ausgerechnet an dem Tag, als der NSU öffentlich bekannt wurde, potenziell wichtige Akten aus dem Umfeld des Neonazi-Trios schredderte.
Normalerweise läuft das bei Untersuchungsausschüssen ganz anders. Die Opposition beantragt ihn nicht selten als Kampfmittel, um die Regierung vorzuführen. Im Vordergrund steht dann oft nicht Sacharbeit, sondern parteipolitisches Kalkül.
Auch der NSU-Ausschuss ist natürlich nicht frei davon. Das merkt man, wenn es um mögliche Fehler aktueller oder vergangener Minister in Bund und Ländern geht. Aber auch da hält sich das Parteiengezerre noch im Rahmen. Denn was auch schon feststeht: Politiker und Behördenvertreter aller Couleur haben versagt. Und weil die Aufklärer im Ausschuss wissen, dass keine Partei unbeschadet aus dem NSU-Skandal herauskommt, können sie sich auf die Sache konzentrieren: das Mosaikbild komplett zu machen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet
Tod von Gerhart Baum
Einsamer Rufer in der FDP-Wüste
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören