Kommentar NRW: Das kleinere Übel
Die große Koalition in NRW wäre das kleinere Übel. Und vielleicht, mal wieder, ein Modell für den Bund. Dort regiert im Moment das größere Übel.
D ie SPD in Düsseldorf hat einen sehr langen Umweg genommen, um genau dort zu landen, wo sie am Wahlabend schon war. Im Grunde bleibt ihr nur die große Koalition. Die Ampel ist gescheitert, weil Grüne und FDP sich nicht mögen und in der Bildungspolitik noch nicht mal Formelkompromisse möglich waren. Dass es so kommen würde, wussten alle, die die FDP in NRW kennen.
Rot-Grün-Rot ist gescheitert, weil Kraft nicht wollte und die Grünen eigentlich auch kein Interesse hatten. Dass es so kommen würde, wussten alle, die SPD und die labile Linkspartei in NRW kennen. Auch wer sich eine linke Regierung wünscht, muss anerkennen: Koalitionen gehen nicht, wenn sich SPD und Linkspartei noch nicht mal darauf einigen können, ob draußen die Sonne scheint. Auch die Idee, dass Kraft Chefin einer Minderheitsregierung werden könnte, ist eine Seifenblase. Dafür fehlt Kraft alles, was erforderlich wäre: unbedingter Machtwille, Lust am Neuen, minimaler Respekt für die Linkspartei.
Kurzum: Die SPD wirkt wie ein Boxer, der viel Wirbel gemacht hat, aber keinen einzigen Treffer gelandet hat. Er ist jetzt nur ein bisschen aus der Puste. Kraft sollte dieses Spiel beenden und akzeptieren, was geht: die große Koalition. Laut Gewohnheitsrecht darf die CDU auch mit hauchdünnem Vorsprung den Ministerpräsidenten stellen - dagegen gibt es kein überzeugendes Argument.
Stefan Reinecke ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz.
Die SPD sollte Rüttgers zum Ministerpräsidenten wählen und dafür bei der Bildung möglichst viel egalitäre Elemente durchsetzen. Mehr ist nicht drin. Mit Neuwahlen oder mit einem Minderheitenkabinett zu drohen, das Kraft selbst nicht wollen kann, ist bloß entbehrliches taktisches Geplänkel. Die große Koalition in NRW wäre das kleinere Übel. Und vielleicht, mal wieder, ein Modell für den Bund. Dort regiert im Moment das größere Übel.
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