Kommentar NRW-Etat: Wem Neuwahlen nutzen
Neuwahlen sind, selbst wenn das Verfassungsgericht demnächst den rot-grünen Nachtragshaushalt kassiert, nicht zwingend. Denn für Rot-Grün gibt es dafür schlicht keinen Grund.
D er Stopp des Nachtragshaushalts ist eine Niederlage für Rot-Grün -und ein Erfolg für CDU und FDP. Das ist immer so, wenn ein Verfassungsgericht die Regierung ausbremst. Aber dieses Urteil hat, politisch und juristisch, nur momentane Bedeutung.
Endgültig wird über die Klage von CDU und FDP gegen den rot-grünen Nachtragshaushalt erst im Frühjahr entschieden: Der Stopp, den das Verfassungsgericht verfügt hat, ist also noch nicht mal eine Vorentscheidung.
Die Chance, dass das Verfassungsgericht der rot-grünen Landesregierung am Ende Recht gibt, ist seit gestern auch keineswegs geringer geworden. Krafts und Lührmanns Argument, dass ihre schwarz-gelben Vorgänger ihnen einen schlampigen, unterfinanzierten Etat hinterlassen haben, zieht noch immer. Schon deshalb wäre es überhastet, wenn Rot-Grün nun Neuwahlen ausrufen würde.
STEFAN REINECKE ist Redakteur im Berliner Parlamentsbüro der taz.
Dass die NRW-CDU in NRW, die sich noch immer nicht von ihrer Wahlniederlage im Sommer erholt hat, nun jubelt, ist verständlich. Allzu viel Anlass hat sie dafür ansonsten auch nicht. Die rot-grüne Minderheitsregierung agiert bislang ziemlich stabil.
Außerdem sollten sich die Christdemokraten an 2007 erinnern: Damals entschied das Verfassungsgericht in NRW, dass der erste schwarz-gelbe Haushalt nicht verfassungskonform war, weil die Schulden die Investitionen überstiegen hatten. Das war kein vorläufiger Stopp, sondern das abschließende Urteil.
Und Neuwahlen? Sie sind, selbst wenn das Verfassungsgericht demnächst den rot-grünen Nachtragshaushalt kassiert, nicht zwingend. Denn für Rot-Grün gibt es dafür schlicht keinen Grund. Und wann gewählt wird, das entscheidet nicht ein Verfassungsgericht, sondern das politische Kalkül. Die Grünen könnten bei Neuwahlen zwar zulegen - sie müssen aber den Eindruck vermeiden, nur aus Parteiegoismus Neuwahlen anzustreben. Und klar ist, dass CDU und FDP derzeit bei Neuwahlen keinen Blumentopf gewinnen würden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Analyse der US-Wahl
Illiberalismus zeigt sein autoritäres Gesicht
Biden hebt 37 Todesurteile auf
In Haftstrafen umgewandelt
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten