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Kommentar Mohammed-BeleidigungKulturkampf, abgesagt

Robert Misik
Kommentar von Robert Misik

Das Bemerkenswerteste an der Aufregung über die Mohammed-Schmähungen der FPÖ ist die Zurückhaltung der österreichischen Muslime.

S usanne Winter, Spitzenkandidatin der rechten "Verhetzungspartei FPÖ" (Der Standard) für die Gemeinderatswahlen in Graz, ist über die Muslime hergezogen. Deren Prophet Mohammed sei nach heutigen Maßstäben ein "Kinderschänder" (wegen dessen Lieblingsfrau Aischa, die er noch im Kindesalter geheiratet hat). Außerdem habe er den Koran während "epileptischer Anfälle" geschrieben. Das reichte - wie zu erwarten war - für fette Schlagzeilen. Aber reicht es auch für eingeschlagene Fensterscheiben und brennende Botschaften wie beim Karikaturenstreit?

Eher nicht. Denn das Bemerkenswerteste an der gegenwärtigen Aufregung ist das Verhalten der österreichischen Muslime. Omar al-Rawi, Integrationsbeauftragter der Islamischen Gemeinschaft, sagte in einer spontanen Reaktion, die Wähler würden dies zu würdigen wissen. Imam Mouhanad Khorchide erklärte, man dürfe der FPÖ "nicht den Gefallen machen, sich aufzuregen". Carla Amina Baghajati, Sprecherin der Islamischen Gemeinschaft, forderte eine "vernünftige, konstruktive Diskussion", und Tarafa Baghajati, der umtriebige Vormann der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen, kündigte gar eine "Charmeoffensive" an - offene Moscheen und ganz viel Dialog.

Bild: privat

ROBERT MISIK (41) lebt in Wien und schreibt für die taz, für den "Falter" und "Profil". Jüngst erschien von ihm "Das Kultbuch. Glanz und Elend der Kommerzkultur" im Aufbau-Verlag.

Auch das offizielle Österreich ließ seine Muslime nicht allein. "Absolut inakzeptabel" seien Winters Sprüche, so Bundespräsident Heinz Fischer. Kanzler Alfred Gusenbauer sagte beim Festakt zum einjährigen Regierungsjubiläum: "Niemand hat das Recht, andere zu beleidigen." An dieser Stelle erhielt er den mit Abstand längsten Applaus. Die evangelische Kirche zeigte Susanne Winter wegen Volksverhetzung an.

Diesmal wird der clash of civilizations also mit vertauschten Rollen gespielt. Xenophobe fundamentalistische Wirrköpfe auf der einen Seite, die Muslime dagegen auf der Seite der Vernunft und des friedlichen Dialogs. Und nahezu das gesamte offizielle Österreich erklärt Frau Winter zum politischen Paria. Wunderbar, eigentlich. Liefe es immer so, der Kampf der Kulturen würde glatt ausfallen.

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Robert Misik
Geboren 1966, lebt und arbeitet in Wien. Journalist, Sachbuchautor, Ausstellungskurator, Theatermacher, Universaldilettant. taz-Kolumnist am Wochenende ("Der rote Faden"), als loser Autor der taz schon irgendwie ein Urgestein. Schreibt seit 1992 immer wieder für das Blatt. Buchveröffentlichungen wie "Genial dagegen", "Marx für Eilige" usw. Jüngste Veröffentlichungen: "Liebe in Zeiten des Kapitalismus" (2018) und zuletzt "Herrschaft der Niedertracht" (2019). Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik 2009, Preis der John Maynard Keynes Gesellschaft für Wirtschaftspublizistik 2019.
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1 Kommentar

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  • W
    Wilde

    Die Zurückhaltung der islamischen Funktionäre hat doch ganz andere Gründe, nämlich die Furcht, sich einmal inhaltlich mit den Aussagen Frau Winters über Mohammed auseinandersetzen zu müssen. Da würde sich nämlich sehr schnell zeigen, daß sie durchaus richtig sind.