Kommentar Milchpreise: Verbraucher für "Faironika"
Ohne politische Unterstützung soll eine unabhängige, regionale Milchmarke eingeführt werden. Doch der gute Ansatz scheitert, wenn sie es nicht in den Supermarkt schafft.
D en Milchbauern geht es wieder schlecht. Oder immer noch? Ihre Proteste für höhere Milchpreise werden uns jedenfalls die nächsten Jahre begleiten. Sie sind Zeichen eines tiefgreifenden Wandels der Milchwirtschaft, den ein Paradigmenwechsel in der EU-Agrarpolitik ausgelöst hat. Kurz beschreiben lässt er sich mit "mehr Markt".
Der Bundesverband der Milchviehhalter (BDM) will eine Abkehr von diesem Prinzip und die Mengensteuerung auf europäischer Ebene wieder einführen. Das scheint wenig realistisch, die EU-Kommission und viele Mitgliedstaaten werden sich dagegen stemmen. Derzeit zeichnet sich ein Szenario ab, in dem nur wenige große Betriebe EU-subventioniert weltmarktfähige Produkte liefern - und possierliche Überbleibsel alter Zeiten, etwa in Bergregionen für Landschaftspflege und Tourismusförderung, vom Staat erhalten werden. Wünschenswert ist das nicht.
Darum ist das Projekt "Faironika" des BDM ein mehr als interessantes Experiment. Die Bauern wollen in Zusammenarbeit mit kleineren Molkereien eine eigene Milch zu fairen Preisen in den Handel bringen - möglichst aus der Region, am besten von gentechnikfrei gefütterten und artgerecht gehaltenen Kühen. Das klingt einfacher als es ist. Ostdeutsche Betriebe wissen schon, wie schwierig es sich gestaltet, neue Produkte in den Supermarktregalen zu platzieren.
Doch ist der Versuch jede Anstrengung wert, denn er birgt die Vision einer anderen, einer regionalen und nachhaltigen Landwirtschaft. Ob das Modell eine Chance hat, wird vom Verbraucher und seiner Bereitschaft abhängen, die faire Milch zu kaufen. Politische Unterstützung werden die Bauern nämlich nicht bekommen.
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