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Kommentar Migration und ArbeitsmarktAusweg Selbstständigkeit

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Dass Migranten sich selbstständig machen und damit Jobs schaffen, hat oft nur einen Grund: Sie haben keine andere Wahl.

Zugewanderte erfahrene Schneider arbeiten in Deutschland oft nur als Änderungsschneider Foto: Imago

K lischees haben einen Grund. Änderungsschneidereien sind in türkischer Hand, Asiaten findet man im Blumenhandel, polnische Selbstständige arbeiten auf dem Bau. Eine Bertelsmann-Studie weist nach, dass der Anteil der Selbstständigen mit Migrationshintergrund in Handel und Gastgewerbe zurückgeht, aber er bleibt hoch. Warum das so ist, könnte wichtig sein für die Frage, wie sich Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt einfinden.

Migranten, auch neu eingereiste, gehen häufig in Bereiche, in denen man keine formale deutsche Berufsausbildung braucht. Dort ist auch kein Meisterbrief nötig, um einen Laden aufzumachen. Weil sie zwar das Können, aber nicht den Gesellen- oder Meisterbrief haben, arbeiten etwa zugewanderte erfahrene Schneider nur als „Änderungsschneider“, versierte Bauhandwerker als „Fliesenleger“ und Köche machen Restaurants auf.

„Ethnic Entrepreneurship“ ist ein Kompromiss des eigenen Könnens mit den Bedingungen im Ankunftsland. Dabei bilden sich Communitys, über die häufig auch die Jobvergabe läuft. Vielleicht werden syrische oder irakische Flüchtlinge verstärkt in der Schnellgastronomie, bei Zustelldiensten, in Sicherheitsfirmen und Transportdiensten tätig sein – ein wenig zeichnet sich das schon ab. Für solche Jobs braucht man keine lange Berufsausbildung, die einen langen Vorlauf, sehr gute Deutschkenntnisse und den jahrelangen Verzicht auf ein Mindestlohneinkommen erfordert.

In den meisten Teilen der Welt herrscht eine Ökonomie, die auf unmittelbaren Bedarf setzt

Die Industrie, die allenthalben eine „Fachkräftelücke“ beklagt, die es zügig zu füllen gelte, dürfte diesen Trend bedauern. Aber vielleicht müssen wir unsere Maßstäbe von Qualifikation relativieren. In den meisten Teilen der Welt herrscht eine Ökonomie ohne Zertifikate, die auf den unmittelbaren Bedarf setzt, auf Risikobereitschaft, Improvisation, Verdienstmöglichkeit. Es ist auch eine Art von Globalisierung, wenn diese Tatsache durch die neu Eingereisten in Deutschland sichtbar wird.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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1 Kommentar

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  • Da würde ich nochmal einen Faktencheck machen:

    Wo benötigt man noch einen Meister um sich (im Handwerk) selbstständig zu machen?

    Liegt das nicht vielmehr an der Sprachschwelle oder Traditionen (z.B. beim Beruf Gastwirt), dass sich viele in ihrer Community selbstständig machen?

    Ich gaube somit, dass der letzte Absatz schon zutreffen.

    Ich stimme aber deutlichst zu, dass in DE unter dem Punkt Arbeitsschutz, Hygiene, schriftliche Nachweise für alles mögliche... dies alles sehr wasserkopfartig sind.

     

    KLar aber auch: WEnn was passiert (Unfälle..) wird zuerst geschaut wer die Verantwortung trägt... und die ist in DE wohl geregelt und kanalisiert... und auch niemand ist bereit dieses Risiko zu tragen. Leider sind das oft Kollegen aus dem linken Spektrum.