Kommentar Migranten in Medien: Mehr als Nachrichten
Beim Blick in die deutsche Medienlandschaft wird eines offensichtlich: Es braucht mehr Vielfalt – nicht zuletzt in den Chefetagen.
W enn Angela Merkel am heutigen Dienstag zum sechsten Mal zum Integrationsgipfel ins Kanzleramt lädt, werden wieder einmal viele Zeitungen und Fernsehsender darüber berichten. Sie werden die Integrationspolitik der Bundesregierung bewerten, und sie werden die Integrationsanstrengungen der Einwanderer überprüfen.
Dabei wäre es angebracht, den Blick einmal auf sich selbst zu richten. Denn es gibt wenige Bereiche und Branchen, in denen sich der Wandel Deutschlands zum Einwanderungsland bislang so wenig widerspiegelt wie in den deutschen Medien.
Gewiss, die Gesichter auf den Bildschirmen sind bunter geworden, und manche Tageszeitung leistet sich heute zumindest eine türkischstämmige Kolumnistin. Soll keiner sagen, es wäre nichts passiert!
ist Redakteur im Inlandsressort der taz.
Nachdem die Privatsender es jahrelang vorgemacht haben – allen voran die Musiksender Viva und MTV –, haben die öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten vor einigen Jahren ein paar Moderatoren mit Migrationshintergrund sogar in ihr Allerheiligstes gelassen, in ihre Nachrichtensendungen. Aber hinter der bunten Fassade sieht es in vielen Redaktionen noch immer ziemlich homogen aus – von der Leitungsebene ganz zu schweigen.
Jetzt erst wird in der Medienbranche, wie im Rest der Wirtschaft, mit ziemlicher Verspätung über eine Frauenquote für Führungsposten debattiert. Dabei wäre es längst an der Zeit, insgesamt über eine größere Vielfalt in den Chefetagen nachzudenken. Oder wie viele Jahre sollen noch ins Land streichen, bevor der lächerlich niedrige Anteil von Journalisten mit Migrationshintergrund in den deutschen Medien ein Thema wird?
Zeitungen, die es verschlafen, auf den Wandel ihres Publikums zu reagieren, werden von ihren Lesern bestraft – das regelt der Markt. Aber die öffentlich-rechtlichen Sender haben eine andere Aufgabe, denn auch Migranten zahlen Rundfunkbeiträge. Manche Intendanten scheinen das zu vergessen.
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