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Kommentar MietspiegelBlind auf dem Mietmarkt

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Der Mietspiegel belegt deutlich die Probleme auf dem Berliner Wohnungsmarkt. Nur die Stadtentwicklungssenatorin hält sich weiter die Augen zu.

D er Mietspiegel sieht dramatisch aus. Tatsächlich ist alles noch viel schlimmer. Die genannten Preise mag es im Bestand noch geben. Wer aber eine Wohnung sucht, kann vom Mietspiegelniveau meist nur träumen. Immerhin belegt das Zahlenwerk, dass Wohnungen teurer werden. Jetzt muss auch Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) zugeben, dass es ein Problem auf dem Wohnungsmarkt gibt. Müsste. Doch sie hält sich weiter die Augen zu. Kein Wunder, dass ihr die Aktivisten aufs Dach steigen.

Die Entwicklung in Neukölln, argumentiert die Senatorin, sei positiv. Die Wohlhabenden, die jetzt dorthin strömen, zögen ja in leere Wohnungen. Ach wirklich? Ein Problem gibt es also erst, wenn Wohlhabende in Wohnungen ziehen, in denen schon jemand anderes wohnt? Das zweite Standardargument der stadtentfremdeten Senatorin lautet: Anderswo sei alles noch viel teurer. Stimmt. Aber darf es Ziel sozialdemokratischer Politik sein, Berlins Innenstadt so unbezahlbar zu machen wie London oder München? Sind - oder waren - die niedrigen Mieten nicht einer der wenigen Standortvorteile Berlins?

Markttest für Junge-Reyer

Machen wir mal den Realitätscheck: Wenn Junge-Reyer es schafft, bis zur Wahl auf dem freien Markt in einem der aufstrebenden Kieze ohne Beziehungen eine Wohnung zu den im Mietspiegel ausgewiesenen Preisen anzumieten, dann darf sie gern im Amt bleiben und weiter behaupten, dass es kein Problem gibt. Ansonsten hätten wir gern eine Neue - mit Blick für die Realität, Einsatz für eine aktive Bodenpolitik und progressiven Mieterschutz.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Bluesky:@gereonas.bsky.social Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de ex-Twitter: @gereonas Foto: Anke Phoebe Peters
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5 Kommentare

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  • T
    Tim

    Um wen geht es hier eigentlich? Das Künstlerprekäriat mit Hartz IV, die jungen Wohlstandflüchtlinge aus Griechenland, Spanien oder dem Rest der Welt, die Alt-68er mit Mini-Renten? Da nützt der "Standortvorteil" Niedrigmieten in der Berliner Mitte und den beliebten Bezirken. Was geben sie Berlin zurück, ausser Lokalkolorit für Billig-Tourismus abzugeben? Berlin kann sich nur positiv entwickeln, wenn sich die Mieten sich dem Markt anpassen. Büros in Mitte werden mit 20 Euro/qm vermietet. Wer da arbeitet kann sich normale Wohnungsmieten leisten, aber findet oft keine Wohnung, weil der Standard zu niedrig ist. Was in Berlin als "Wohnung" bezeichnet wird, ist in anderen Städten ein "Loch". Die Berliner Altbauten leben nvon der Substanz. Ohne Mietpreiserhöhungen und Investitionen wird das "ein wenig Farbe drauf und fertig" zu wenig sein um in 10-20 Jahren den Bestand dauerhaft zu erhalten. Aber das wird den jetzigen Bewohnern egal sein. Motto: Billig leben jetzt!

  • T
    Thomas

    50 Minuten Bahnfahrt bis zum Hamburger Zentrum.

    qm -Preis: 4,50 Euro

    Allerdings wollen ALLE auf der Schanze wohnen!

    Also, was ist einfacher, als selbst Verantwortung zu übernehmen? Meckern !

  • Z
    Zwangsberliner

    Warum sollte es Berlin denn anders gehen als schöneren Städten wie London und München? Weil es hässlicher ist?

    Das Problem ist immer dasselbe: Zu wenig Platz. Ja, auch in Berlin. Kein Mensch will (verständlicherweise) freiwillig beispielsweise in Marzahn wohnen und in den attraktiveren Gegenden rund um die frühere Mauer und im Westen ist nun mal alles voll. Selbst bei gutem Willen wäre noch nicht mal Platz da, um Sozialwohnungen zu bauen - außer eben in irgendeinem Ost-Randbezirk, wo dann wieder Slums entstehen, weil die Mischung fehlt.

  • JG
    Jule Gross

    Danke, einfach nur danke für endlich mal einen Klaren Blick auf dieses Thema! Ich dachte schon, dass alle Medien den Unsinn glauben, der da vom Senat vorgetragen wurde.

  • AS
    Axel Seltz

    Alle bislang vorgetragenen mietbegrenzenden Vorschläge laufen auf eine Subventionierung des gehobenen Mittelstands hinaus, der dann weiterhin in künstlich billigen Wohnungen lebt.

     

    Das eigentliche Problem besteht aber für Bezieher kleiner oder Transfereinkommen.Denen würde gezielt nur eine niedrige Miete mit entsprechenden Belegungsbindungen in Kombination mit einer Fehlbelegungsabgabe für den Fall, dass sie zu Geld gekommen sind, helfen.Klassischer Sozialer Wohnungsbau eben.

     

    Der soziale Wohnungsbau ist erst breit diffamiert und anschließend in seltener Einigkeit durch das Abgeordnetenhaus abgeschafft worden.Wir brauchen einen neuen, anderen Sozialen Wohnungsbau.