Kommentar Merkels Bildungsreise: Mehr Einsatz wagen
Angela Merkel hat Recht mit ihrem Alleingang in der Bildungspolitik. Vor allem, wenn er mehr Geld in die Schulen bringt.
I n den Ländern ist man genervt von der Kanzlerin. Angela Merkels Bildungsreise durch die Lernwerkstätten liefere zwar prima Bilder mit Kindern, Schülern und Studenten, so lautet der Tenor gerade aus den südlichen Bundesländern. Aber die Bundesregierung sei für Bildung nun mal nicht zuständig - auch eine unionsgeführte nicht.
Die Länderfürsten sind mächtig, sie könnten die Bundeskanzlerin auflaufen lassen. Schließlich hat diese ihren Bildungsgipfel im Alleingang ausgerufen. In Abwandlung Ludwig Erhards, fordert sie "Bildung für alle" und spricht von einer "Bildungsrepublik". Doch für ihr Spitzentreffen mit den Ministerpräsidenten im Oktober hat sie viele Trümpfe in der Hand. Denn anders als bei Helmut Kohls Bildungsgipfeln in den frühen Neunzigerjahren geht es nicht mehr nur um ein paar Lehrstellen oder überfüllte Hochschulen - das Gespräch wird ein echtes Krisentreffen. Denn die Bundesrepublik ist in der Herstellung des Rohstoffs Wissen ineffizient, sie produziert fleißig Bildungsarmut. Nicht Chancen stehen im Vordergrund, sondern Chancenlosigkeit - und das quer durch die Bildungseinrichtungen. Die Kindergärten bereiten insbesondere Migrantenkinder zu schlecht aufs Lernen vor. In den Schulen gibt es zigtausende Schulabbrecher und Risikoschüler, und in den Unternehmen fehlen hunderttausend Ingenieure.
Die Menschen wissen das, denn sie sehen es ja täglich, wenn sie ihre Kinder in die Schulen bringen und wieder keinen Lehrer im Klassenzimmer antreffen. Die Bürger haben das föderale Zuständigkeitspalaver der Ministerpräsidenten satt. Im Jahr acht nach dem Pisaschock wollen sie keine nutzlosen "Handlungsfelder der Kultusminister" mehr sehen, sondern bessere Schulen, mehr Studienplätze und größere Chancengerechtigkeit.
Deswegen kann man die Kanzlerin zu ihren Alleingängen in der Bildungspolitik nur ermuntern - und sei es zu einer Einrichtung, die einen so dröhnenden Namen wie den einer "Nationalen Bildungsstiftung" trägt. Denn wenn es gelingt, über Wettbewerbe Geld und Ideen direkt in die Schulen zu bringen, lohnt sich das.
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