Kommentar Mehdorns Drohung: Nur ein lausiger Verlierer tritt nach
Mit seiner Ankündigung von Entlassungen und Preissteigerung schadet Bahnchef Mehdorn seinem Unternehmen enorm. Außerdem: Für steigende Preise gibt es keinen Grund.
Malte Kreutzfeldt ist Leiter des Ressorts Ökologie und Wirtschaft bei der taz.
So sehen schlechte Verlierer aus: Nachdem sich Hartmut Mehdorn bei den Tarifverhandlungen mit den Lokführern nicht durchsetzen konnte, stößt er nun wüste Beschimpfungen und Drohungen aus. Die Lokführergewerkschaft schade nicht nur der Bahn, sondern gleich dem ganzen Land, tönt der Bahnchef. Und sie sei schuld, dass die Bahn nun Mitarbeiter entlassen, Unternehmensteile verlagern und die Fahrpreise erhöhen muss.
Was für ein unverschämtes Schmierentheater. Die Lohnsteigerungen für den Großteil der Mitarbeiter hat die Bahn bereits mit einer zusätzlichen Preiserhöhung im Dezember aufgefangen. Die Mehrkosten durch den geplanten Abschluss mit den Lokführern betragen nach seriösen Schätzungen gerade mal 50 bis 70 Millionen Euro. Zum Vergleich: Der Gewinn der Bahn lag 2006 bei 2,5 Milliarden Euro, und auch 2007 liefen die Geschäfte gut. Für steigende Preise gibt es also keinerlei Grund. Doch von den Zahlen, mit denen er noch vor kurzem für den Börsengang warb, will Mehdorn jetzt nichts mehr wissen. Mit der Drohung, die Preise zu erhöhen und den Beschäftigungspakt zu kündigen, der Entlassungen bisher ausschließt, will er Stimmung gegen die Lokführer machen.
Was ihn dazu treibt, ist unklar. Entweder entspricht es einfach nur seinem Naturell, nach einer Niederlage nachzutreten. Oder der Bahnchef versucht auf diese Weise, die Einigung doch noch in Frage zu stellen - schließlich ist der Vertrag noch nicht unterschrieben. In jedem Fall schadet der Bahnchef seinem Unternehmen massiv. Die Mitarbeiter, die für den Beschäftigungspakt Zugeständnisse gemacht hatten und auf Zusagen vertrauten, sehen sich getäuscht. Die Kunden, die im letzten Jahr gleich zwei Preiserhöhungen hinnehmen mussten, werden einen weiteren Anstieg nicht mehr schlucken. Und alle, die nach sieben Monaten Arbeitskampf endlich auf Ruhe gehofft haben, hören nun schon wieder Streikdrohungen.
Die Politik tat gut daran, Mehdorn zu einer Einigung mit den Lokführern zu drängen. Nun muss die Regierung als Bahneigentümerin diesen Mann daran hindern, dem Unternehmen weiteren Schaden zuzufügen - oder sich endlich nach einem neuen Bahnchef umsehen.
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