Kommentar Mazedonien: Griechische Anmaßung
Die kleine Republik Mazedonien trägt ihren Namen völlig zu recht. Wer ihnen den abspricht, gefährdet die Stabilität des Landes.
Die spinnen, die Griechen. Den Stoßseufzer wird man auf dem Gipfel in Bukarest nicht hören, aber er würde gewiss die Stimmung der meisten Nato-Partner der Athener Regierung wiedergeben. Die Aufnahme der Republik Mazedonien in die Nato wird aller Voraussicht nach am Veto Griechenlands scheitern. Und immer noch ist es die Namensfrage, mit der Athen schon in den 1990er-Jahren ihre EU-Partner nervten. Seitdem hat die politische Klasse in Athen zwar dazugelernt. Damals verpasste sie die Chance, den Namen "Mazedonien-Skopje" durchzusetzen, den die EU vorgeschlagen hatte.
Heute würde die Regierung Karamanlis einen Namen wie "Neu-Mazedonien" akzeptieren, den fast 80 Prozent der griechischen Bevölkerung noch immer ablehnen. Aber den neuen Namen will sie nicht nur für die internationale Ebene durchsetzen, sondern auch als verfassungsgemäßen Namen der Nachbarrepublik.
Das ist eine historisch beispiellose Anmaßung: Ein Land will seinem Nachbarland, mit dem es ansonsten gute Beziehungen hat, einen Namen aufzwingen, den die Regierung und die Bevölkerung dieses Landes nicht wünschen. Und dies mit Gründen, die außerhalb Griechenlands kein Mensch nachvollziehen kann: Man fürchtet territoriale Ansprüche auf das griechische Mazedonien.
Expansionistische Ambitionen äußern in Skopje freilich nur Extremisten. Aber wie lautet der Slogan der griechischen Patrioten?: "Mazedonien ist und bleibt griechisch." Wären die slawophonen Mazedonier genauso empfindlich wie ihre Nachbarn im Süden, müssten sie dieses Motto als höchst bedrohlich empfinden.
Wann endlich machen die EU-Partner ihren Freunden in Athen klar, dass sich Mazedonien als Gebiet über drei Staaten erstreckt? Die Mazedonier des Nordens haben jedes Recht auf ihren Namen. Zumal sie - im Gegensatz zu den griechischen und bulgarischen Mazedoniern - ihre überwölbende Identität als "Jugoslawen" vor 15 Jahren eingebüßt haben. Ihnen ist nur die mazedonische Identität geblieben. Wer sie ihnen abspricht, gefährdet die Stabilität dieses Landes.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier