Kommentar Mädchenmord: Leider gar nicht so selten
Der Vater hat es auf offener Straße getan und er hat es offenbar geplant, denn er hatte eine Pistole dabei. Das ist es, was die Tat so schockierend macht.
E in Vater hat seine Tochter umgebracht. Er hat es auf offener Straße getan und er hat es offenbar geplant, denn er hatte eine Pistole dabei. Das ist es, was die Tat so schockierend macht. Das Muster - unabhängig von den vielen offenen Fragen des aktuellen Falls - ist jedoch keineswegs selten. Und es hat nicht speziell etwas mit der Religion oder Herkunft des Vaters zu tun.
Weltweit werden weitaus mehr Männer Opfer eines Verbrechens als Frauen. Nach einer Studie der Vereinten Nationen waren 2010 rund 80 Prozent aller Opfer und Täter Männer. Derselben Studie zufolge wurde in Europa jedes zweite weibliche Mordopfer von einem Familienmitglied umgebracht.
Diese Zahl ist nicht überraschend, wenn man sich vergegenwärtigt, wie häufig in den Nachrichten das Wort "Familientragödie" auftaucht: Der Mann, der von seiner Frau verlassen wird und sie umbringt; der Vater, der sterben will und seine Familie in den Tod mitnimmt - solche Geschichten stehen regelmäßig in den Zeitungen.
Solche Taten gehen auf einen Affekt zurück, auf ein Gefühl, das den Täter überwältigt. Das muss nicht ausschließen, dass er die Bluttat plant, mit der er versucht, seine Welt wieder geradezurücken oder die von ihm empfundene ungeheure Kränkung seines Egos auszulöschen.
Das sind Motive und Taten, die typisch sind für unsere Kultur. Eine Ehrenmord-Debatte können wir uns sparen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation