Kommentar Machtwechsel in Kanada: Klatsche für anti-islamische Parolen
Ein ermutigendes Zeichen: Kanadas bisheriger Premier Stephen Harper wetterte gegen Muslime und Flüchtlinge. Der Schuss ging nach hinten los.
E s war eine bemerkenswerte Wahlnacht in Kanada. Während sich in vielen Ländern angesichts der Flüchtlingskrise rechtspopulistische Parteien und Parolen immer weiter ausbreiten, haben die Kanadier am Montag ein gegenteiliges Zeichen gesetzt. Sie haben ihren rechts-konservativen Regierungschef Stephen Harper nach fast zehn Jahren in den Ruhestand geschickt und sich für einen Neuanfang links der Mitte entschieden.
Dabei hat auch in Kanada die Flüchtlingskrise eine entscheidende Rolle gespielt – aber ganz anders, als man es vermuten würde. Harper hatte geglaubt, im Wahlkampf mit anti-islamischen Parolen punkten zu können. Er wetterte gegen Frauen mit muslimischem Schleier, warnte die Kanadier vor vermeintlich „barbarischen kulturellen Praktiken“ und stemmte sich gegen die Aufnahme von zu vielen Flüchtlingen.
Doch der Schuss ging gewaltig nach hinten los. Je länger die Kanadier Harpers Parolen ertragen mussten, desto mehr wandten sich angewidert ab. Statt um Harpers eigentliche Kernthemen Wirtschaft oder Steuern ging es im Wahlkampf am Ende fast nur noch um die Frage von Werten. Viele Kanadier fragten sich: Ist Harpers Kanada noch unser Kanada?
An der Wahlurne haben die Kanadier die Frage eindeutig mit nein beantwortet. Mit Justin Trudeau haben sie sich jetzt für einen Regierungschef entschieden, der die großzügige Einwanderungstradition des Landes verteidigen, mehr Flüchtlinge aufnehmen und das Land insgesamt zusammenführen und nicht spalten will. In Zeiten wie diesen ist das ein ermutigendes Zeichen.
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