Kommentar Machtkampf in Saudi-Arabien: Gefährliches Spiel
Rüstet sich der Kronprinz gegen den Erzrivalen Iran? Die Flucht des libanesischen Ministerpräsidenten Hariri nach Saudi-Arabien spricht dafür.
M indestens elf Prinzen und zahlreiche ehemalige Minister wurden in Saudi-Arabien unter dem Verdacht der Korruption festgenommen. Für manche ein Indiz für wachsende Spannungen und Konflikte an der Spitze des Königreichs und einen Machtkampf um die Nachfolge König Salmans.
Hinter den Festnahmen steht offenbar Kronprinz Mohammed bin Salman, der sich in letzter Zeit immer wieder als Reformer zu profilieren versucht. Zugleich befehligt er auch den saudischen Krieg im Jemen und zeichnet damit sicher nicht das Bild eines sich öffnenden und liberalisierenden Saudi-Arabien. Hinter der Politik des Kronprinzen könnte in erster Linie der Versuch stehen, die Front gegen den erklärten Erzrivalen Iran zu einen und zu stärken. Im Jemen, zu Hause und im Libanon.
Der Kronprinz, der erst vor wenigen Monaten von seinem Vater Salman zum Thronfolger ernannt wurde, gilt als treibende Kraft hinter den Personalentscheidungen in der Monarchie.
Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Vorgänge im Libanon, wo Ministerpräsident Saad Hariri am Samstag zurücktrat. Auf dem Flug nach Saudi-Arabien gab er an, sein Amt aus Angst um sein Leben aufzugeben.
Der heute 47-jährige libanesische Politiker musste im Februar 2005 miterleben, wie sein Vater Rafik Opfer eines der heftigsten Bombenanschläge wurde, die Beirut bis dahin erlebt hatte. Der Ermordete war kurz zuvor im Protest gegen die syrische Einmischung im Libanon vom Amt des Ministerpräsidenten zurückgetreten, und der Verdacht hält sich bis heute, dass Damaskus und dessen libanesischer Verbündeter, die schiitische Hisbollah, hinter dem Anschlag steckten: Sunnit Hariri hatte es in Saudi-Arabien zum Multimillionär gebracht und in seiner libanesischen Heimat zum Premier.
Über Rolle und Ambitionen Irans aufklären
Letzteres war auch seinem Sohn Saad gelungen, mit dem Unterschied freilich, dass dieser sich mit der Hisbollah arrangieren musste. Diese war inzwischen von einer – besonders vom Iran – schwer bewaffneten Miliz zu einer politischen Partei avanciert, ohne und gegen die im Libanon nichts geschehen kann.
Die Hisbollah verhalf ihren Paten in Syrien und im Iran zu erneutem Einfluss im Zedernstaat. So sehr, dass Saad Hariri nun seinen Rücktritt bekannt gab. Er fürchte um sein Leben, weil die Hisbollah und der Iran ihn beseitigen wollten, und er werde deswegen auch vorerst nicht in den Libanon zurückkehren. Stattdessen werde er die arabischen Staaten über Rolle und Ambitionen des Irans in der Region aufklären.
Es war gewiss kein Zufall, dass Hariri dies in Saudi-Arabien erklärte, dem großen Unterstützer seines Clans. Er machte sich damit zu einem weiteren Rädchen in der saudischen Propagandamaschinerie im Kampf um die Vormachtstellung in der Region.
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