Kommentar MDR-Intendant Reiter: Flucht vor dem Kika-Skandal
MDR-Intendant Udo Reiter tritt ab. Die Causa Kika ist ein Segen für den MDR. Der Sender steht zum 20. Geburtstag ganz unverhofft vor einem Neuanfang.
D er Skandal um den Kinderkanal hat sein prominentestes Opfer gefordert: MDR-Intendant Udo Reiter tritt ab. Auch wenn offiziell die Gesundheit als Grund für den überraschenden Rückzug genannt wird, ist leicht zu durchschauen, dass Udo Reiter eine gute Woche vor Prozessbeginn in Erfurt nun die Konsequenzen aus dem Millionenbetrug zieht.
Jetzt dürfte es noch leichter werden, diesen größten Betrugsfall in der Geschichte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Tat eines höchstkriminellen Einzeltäters mit übergroßem Hang zu Kasinobesuchen zu erklären. Dass beim MDR, dem Erziehungsberichtigten des Kika, alle Kontrollen versagten oder zumindest nicht so wichtig waren, ist dann auch wurscht.
Denn alle Zuständigen sind dann schon so gut wie weg: Sie gehen, wie Fernsehdirektor Wolfgang Vietze, in Pension, scheiden wie Reiter nun aus gesundheitlichen Gründen aus oder haben den Sender schon vorher verlassen - so wie der heutige NDR-Programmdirektor Frank Beckmann. Damit dürfte ausgeschlossen sein, dass von den Verantwortlichen jemand schadensersatzpflichtig gemacht werden wird. Die Millionen an Gebührengeldern dürften futsch sein.
STEFFEN GRIMBERG ist Medienredakteur der taz.
Trotzdem ist die Causa Kika ein Segen für den MDR. Der Sender steht zum 20. Geburtstag ganz unverhofft vor einem Neuanfang, fast eine komplette Anstaltsführung ist frisch zu besetzen. Die alten, unionsnahen Westimporte im Haus haben genauso abgewirtschaftet wie die schwarz-gelben Strippenzieher im Hintergrund. Dass ihnen beim MDR kein Durchmarsch mehr gelingt, zeigt die eben erfolgte Berufung von Stefan Raue zum neuen Chefredakteur.
Ein neuer MDR, der sein Ostalgie-Image wie seine politisch eindeutige Hinwendung zur Union hinter sich lässt, sollte den GebührenzahlerInnen die paar Kika-Millionen wert sein.
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