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Kommentar Lobbyisten der BankenInvestmentbanker abschalten

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die Lobbyarbeit der Banken war überaus erfolgreich. Und die EU-Finanzpolitik ist mit der Bankenkontrolle überfordert. Ungestört spekulieren die Banker trotz Finanzkrise weiter.

Ein mutiger Schritt: Die Finanzpolitiker des EU-Parlaments gestehen ihre eigene Machtlosigkeit ein. Parteiübergreifend geben sie zu, dass sie den Lobbyisten der Banken hilflos ausgeliefert sind, die täglich an ihre Türen klopfen. Denn den EU-Abgeordneten fehlen die Gegenargumente. Ihr Parlament hat keinen wissenschaftlichen Dienst - und Nichtregierungsorganisationen gibt es auch nicht, die sich vertieft mit den Finanzmärkten auskennen würden. Selbst bei den Globalisierungskritikern von Attac finden sich nur wenige, die eine Bankbilanz verstehen. Die Gesellschaft ist ahnungslos, sobald es um die Finanzmärkte geht. Da haben die Banken leichtes Spiel, ihre Gewinninteressen als Gemeinwohl zu tarnen.

Die Lobbyarbeit der Banken war jedenfalls überaus erfolgreich: Die Finanzkrise währt jetzt länger als drei Jahre, und weltweit mussten Billionen an Hilfen und Bürgschaften zugesagt werden. Trotzdem hat sich an den Regeln für die Banken nichts geändert. Nichts. Ungestört spekulieren die Institute weiter.

Bild: taz

Ulrike Herrmann ist finanzpolitische Redakteurin bei der taz.

Das Verrückte ist, dass nicht nur die EU-Finanzpolitiker damit überfordert sind, die Banken zu kontrollieren - auch die Banken selbst haben die Herrschaft über ihre Investmentbankabteilungen längst verloren. Ein Indiz für diese absolute Machtfülle der angestellten Bankspekulanten sind ihre Millionengehälter, die oft das Entgelt des eigentlichen Bankchefs weit übersteigen.

Die Millionenboni werden ausgereicht, weil die Investmentbanker über ein Spezialwissen verfügen, das selbst ihre Vorgesetzten nicht besitzen. Diese mangelnde Kontrolle macht das Investmentbanking zur unbeherrschbaren Risikotechnologie. Wie Atomkraftwerke sollte man daher das Investmentbanking abschalten. Übersetzt: Riskante Finanzprodukte sind zu verbieten.

Jedenfalls wäre es naiv, zu glauben, dass es schon ausreicht, wenn sich das EU-Parlament einen wissenschaftlichen Dienst zulegt oder Nichtregierungsorganisationen ein paar hauptamtliche Stellen für Finanzexperten schaffen. Denn die Konkurrenz der Banken ist übermächtig: Jederzeit können sie die besten Spezialisten mit Millionenboni ködern. Dieser ungleiche Kampf lässt sich nur gewinnen, indem man die Spezialisten überflüssig macht. Die Finanzmärkte müssen einfach und transparent werden. Das geht nur durch ein Verbot riskanter Produkte.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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4 Kommentare

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  • DH
    Dr. Harald Wenk

    Bei den vielen (Finanz)mathematikern und auch Bankwirtschaftlern (eigenes Studienfach), auch andere Wirtschaftler kämen in Frage, ist die "Ahnungslosigkeit" des europäischen Parlamentes, angesichts der Summen, die auf dem Finanzmarkt gehandelt werden, schlicht und ergreifend "Deckung von Straftaten" mit prophylaktischer Aussageverweigerung.

    Das gilt mutatis mutandis (ganz wenig braucht man da bewegen) für alle andern Verantwortlichen "irgendwo, irgendwie, irgendwann" für Finanzmärkte in breitesten Sinne, mit dieser "Ausrede", auch.

    "Selbstbedienungsladen" Staat und EU - Lafonataine sprach es bereits vor geraumer Zeit deutlich aus.

    Unverantwortlich - na und - sagt der trotz alledem und alledem wiedergewählte neoliberale Politiker.

     

    Wer jemals auf die Idee eienr übernatürlcihe Vergeltung gekommen ist - sie sind fester Bestand der Welttreligioen - es waren hilflose Rachegedanken angesichts kompensationsloser Schädigungen.

  • F
    freidenker

    "Diejenigen, die entscheiden sind nicht gewählt und die, die gewählt sind, haben nichts zu entscheiden"

     

    Das hat ein gewisser Horst Seehofer bei "Pelzig unterhält sich" gesagt.

     

    Das sagt doch alles.

  • H
    hto

    Was sie Frau Herrmann mutig nennen, daß ist die skrupellose Symptomatik der Verwahrlosung des "Geistes" durch genaue Analyse des Zustandes des "Massenbewußtseins".

     

    Die Finanzmärkte müssen nicht transparenter werden, schon garnicht durch gewissensbereinigende Verbote, sie müssen abgeschafft werden, für eine neue / zweifelsfreie Welt- und Werteordnung OHNE ...!?

  • H
    hto

    Hermann: "Ungestört spekulieren die Institute weiter."

     

    Ganz genau, U N G E S T Ö R T, weil das Selbst- und Massenbewußtsein gefangen ist in Symptomatiken von "Wer soll das bezahlen?" und "Arbeit macht frei" / im "gesunden" Konkurrenzdenken des "freiheitlichen" Wettbewerb / in "Demokratie" durch Kreuzchen auf dem Blankoscheck.