Kommentar Lobbyisten der Banken: Investmentbanker abschalten
Die Lobbyarbeit der Banken war überaus erfolgreich. Und die EU-Finanzpolitik ist mit der Bankenkontrolle überfordert. Ungestört spekulieren die Banker trotz Finanzkrise weiter.
Ein mutiger Schritt: Die Finanzpolitiker des EU-Parlaments gestehen ihre eigene Machtlosigkeit ein. Parteiübergreifend geben sie zu, dass sie den Lobbyisten der Banken hilflos ausgeliefert sind, die täglich an ihre Türen klopfen. Denn den EU-Abgeordneten fehlen die Gegenargumente. Ihr Parlament hat keinen wissenschaftlichen Dienst - und Nichtregierungsorganisationen gibt es auch nicht, die sich vertieft mit den Finanzmärkten auskennen würden. Selbst bei den Globalisierungskritikern von Attac finden sich nur wenige, die eine Bankbilanz verstehen. Die Gesellschaft ist ahnungslos, sobald es um die Finanzmärkte geht. Da haben die Banken leichtes Spiel, ihre Gewinninteressen als Gemeinwohl zu tarnen.
Die Lobbyarbeit der Banken war jedenfalls überaus erfolgreich: Die Finanzkrise währt jetzt länger als drei Jahre, und weltweit mussten Billionen an Hilfen und Bürgschaften zugesagt werden. Trotzdem hat sich an den Regeln für die Banken nichts geändert. Nichts. Ungestört spekulieren die Institute weiter.
Ulrike Herrmann ist finanzpolitische Redakteurin bei der taz.
Das Verrückte ist, dass nicht nur die EU-Finanzpolitiker damit überfordert sind, die Banken zu kontrollieren - auch die Banken selbst haben die Herrschaft über ihre Investmentbankabteilungen längst verloren. Ein Indiz für diese absolute Machtfülle der angestellten Bankspekulanten sind ihre Millionengehälter, die oft das Entgelt des eigentlichen Bankchefs weit übersteigen.
Die Millionenboni werden ausgereicht, weil die Investmentbanker über ein Spezialwissen verfügen, das selbst ihre Vorgesetzten nicht besitzen. Diese mangelnde Kontrolle macht das Investmentbanking zur unbeherrschbaren Risikotechnologie. Wie Atomkraftwerke sollte man daher das Investmentbanking abschalten. Übersetzt: Riskante Finanzprodukte sind zu verbieten.
Jedenfalls wäre es naiv, zu glauben, dass es schon ausreicht, wenn sich das EU-Parlament einen wissenschaftlichen Dienst zulegt oder Nichtregierungsorganisationen ein paar hauptamtliche Stellen für Finanzexperten schaffen. Denn die Konkurrenz der Banken ist übermächtig: Jederzeit können sie die besten Spezialisten mit Millionenboni ködern. Dieser ungleiche Kampf lässt sich nur gewinnen, indem man die Spezialisten überflüssig macht. Die Finanzmärkte müssen einfach und transparent werden. Das geht nur durch ein Verbot riskanter Produkte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rassismus der CDU
Merz will Doppelstaatler ausbürgern
Dreikönigstreffen der FDP
Lindner schmeißt sich an die Union ran
Regierung in Österreich
Warnsignal für Deutschland
Neunzig Prozent E-Autos bei Neuwagen
Taugt Norwegen als Vorbild?
Religionsunterricht
Deutschlands heilige Kuh
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
Eine Frage des Vertrauens