Kommentar Linkspartei NRW: Die Ohnmacht am Rhein
Es wird in Nordrhein-Westfalen keine rot-rot-grüne Regierung geben. Das würde die Linkspartei schlicht überfordern. Anders als im Osten ist die Linkspartei in NRW eine echte Neugründung.
E gal wie die Wähler im Mai entscheiden: Es wird in Nordrhein-Westfalen keine rot-rot-grüne Regierung geben. Denn das würde die Linkspartei schlicht überfordern. Anders als im Osten ist die Linkspartei in NRW eine echte Neugründung. Sie hat 2009, mit äußerst unterschiedlichem Erfolg, drei Wahlen absolviert: die Europa-, eine Kommunal- und die Bundestagswahl. Sie strotzt vor aggressivem Selbstbewusstsein, das an Hybris grenzt, und wirkt gleichzeitig erschöpft, überfordert und fragil. Ein Teil der Genossen ist schlicht politikunfähig, verschanzt in einer mentalen Trutzburg, durch deren Schießscharten die ganze Welt als ein einziger Skandal erscheint. Es fehlt der NRW-Linken nicht an intellektuellem und personellem Potenzial, aber an strategischer Klarheit.
Die Linkspartei in NRW braucht Zeit - und die wird sie nicht haben, wenn die Genossen im Mai nicht nur erstmals ins Parlament einziehen, sondern auch gleich noch Staatssekretäre und Minister herbeizaubern sollen.
Lieber langsam - das ist die Logik in der Partei. Betrachtet man die politische Großwetterlage, sieht die Lage ganz anders aus. Wenn Rüttgers im Mai siegt, kann Schwarz-Gelb mit einer soliden Mehrheit im Bundesrat zwei Jahre lang durchregieren. Gelingt es der CDU, die Grünen auch in NRW für ein Jamaika-Bündnis ins Boot zu holen, dann sind alle rot-rot-grünen Träume auf Jahre erledigt und SPD und Linkspartei machtpolitisch an den Rand gedrängt.
In Nordrhein-Westfalen entscheidet sich, ob die konservative Hegemonie in Deutschland von Dauer sein wird. Die Linkspartei kann nicht regieren, müsste es aber. Was tun? Kluge Köpfe bei SPD, Linkspartei und Grüne müssten vorsichtig Chancen für eine Tolerierung ausloten. Und alle müssten, gerade im Wahlkampf, das gegenseitige Trommelfeuer einstellen. Nur: es sieht nicht danach aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Die Wahrheit
Glückliches Jahr
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Wir unterschätzen den Menschen und seine Möglichkeiten“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten