Kommentar Liegenschaftspolitik: Starke Politiker gesucht
Am Blumengroßmarkt-Gelände in Kreuzberg zeigt sich die Mutlosigkeit der Stadtentwicklungspolitik besonders drastisch.
D as Sprechen über Stadtentwicklung ist in Berlin dieser Tage meist ein Jammern: Die Mieten explodieren, Freiräume schwinden, die Privatisierung kommunalen Eigentums reißt Löcher ins Bild der Stadt. Wenn wieder einmal ein lebenswertes Stück Berlin dem Profit geopfert wird, ruft es von allen Seiten: Schluss mit dem Ausverkauf, her mit der neuen Politik! Und die antwortet stets: Wir wollen auch eine lebenswerte Stadt für alle - aber die Haushaltslage! Die Gesetze! Die Senatsmehrheiten! Dann scheint es, als habe die Politik ihren Gestaltungsspielraum bereits verloren.
Am Blumengroßmarkt-Gelände in Kreuzberg zeigt sich die Mutlosigkeit der Stadtentwicklungspolitik besonders drastisch. Erst stößt man ein dialogisches Planungsverfahren an, um das Beste für den Kiez herauszuholen. Dann vertraut man doch lieber einer Ausschreibung - es könnte ja Geld verloren gehen. So rettet man kein Quartier.
Der Senat kriegt es nicht hin, raunt die Opposition. Doch auch bei ihr vermisst man, selbst kurz vor der Wahl, den Mut zu einer Stadtentwicklungspolitik, die den Namen verdient. Wie kann es sein, fragen sich nun einige Kulturschaffende, dass keine Partei einen Verkaufsstopp für öffentliche Liegenschaften fordert?
Die Antwort lautet wohl: Wahlkampf. Die Floskel "lebenswerte Stadt" schmückt zwar alle Wahlprogramme. Aber das verprellt noch niemanden - während ein klares Nein zur Privatisierung nicht allen Wählern (und Koalitionspartnern) gefällt. Eine echte Politik zum Wohl der Stadt braucht aber Bekenntnisse. Über Sachzwänge gejammert wurde lange genug.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!