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Kommentar Libyen-EinsatzGefährliche Präzedenzfälle

Kommentar von Otfried Nassauer

Die Nato tut sich schwer den Libyen-Einsatz durchzuführen. Sie riskiert, in eine lange, hässliche Intervention zu schlittern. Das liegt an ihrer Uneinigkeit.

D ie Nato hat die Führung des Libyeneinsatzes gewollt und hat sie bekommen. Nun tut sie sich schwer, ihn durchzuführen. Sie riskiert, in eine lange, hässliche Intervention zu schlittern. Das liegt nicht nur an Gaddafis Truppen, die den Luftangriffen relativ erfolgreich ausweichen. Es liegt vor allem daran, dass es in der Nato keinen Konsens über das Ziel der Intervention gibt. Geht es um den Schutz der Zivilbevölkerung, die Stärkung der Rebellen oder um den Sturz Gaddafis? Wird eine militärische oder eine politische Lösung angestrebt? Die Gegensätze prallen in der Nato aufeinander. Da sie es tun, kann die Allianz nur praktizieren, was alle akzeptieren: Schutzverantwortung auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner.

Das öffnet den Blick für die grundlegende Frage: Soll zum Schutz der Bevölkerung künftig erlaubt sein, was die Charta der Vereinten Nationen eigentlich verbietet - die militärische Einmischung in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten? In Libyen geschieht das zum ersten Mal mit Billigung des UN-Sicherheitsrats. Es geht also um einen Präzedenzfall, eine Operation am offenen Herzen des Völkerrechts. Das macht es nicht einfacher: Vier Sicherheitsratsmitgliedern (Brasilien, China, Indien und Russland) und Südafrika geht die Nato inzwischen zu weit - sie kritisieren ihr Vorgehen.

Und schon droht der nächste Präzedenzfall in Libyen. Die EU signalisiert, sie sei zu humanitären Hilfslieferungen bereit, die von Bodentruppen geschützt werden. Auch diesen Einsatz will die Nato führen. Sie plane ihn bereits. Auch das gibt wieder intern Streit. Die EU stellt die Soldaten, die Nato führt den Einsatz? Die EU als Instrument der Nato? Das haben sich viele EU-Länder anders vorgestellt. Die Nato riskiert, sich selbst zu überfordern und ihren inneren Zusammenhalt aufs Spiel zu setzen.

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3 Kommentare

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  • L
    Liam

    Als was hat Westerwelle sich? Der Kerl aht sich lediglich keine eigene Meinung leisten wollen und hat aus meiner Sicht eine verdiente Kelle bekommen.

    Politiker fürs Schweigen zu bezahlen, das mag ja in sein, aber aus meiner Sicht war es eine falsche Entscheidung.

    Unter dem humanitären Gesichtspunkt befüworte ich das, was versucht wird, auch wenn der Einsatz ohne ein klares ziel nur erbärmlich in die Hose gehen kann. Aber es ist ein Anfang, ein Zeichen, daß man von der Globalisierung nicht nur den Profit und die Proteste nimmt, sondern endlich auch die Verantwortung.

    Es wäre moralisch vollkommen falsch, nichts zu tun, um der Bevölkerung zu helfen und damit hat sich aus meiner Sicht unsere gewählte Volksverarsc... ähm vertretung moralisch falsch verhalten.

    Es mag einen gefährlichen Präzidenzfall schaffen und es mag hässliche Konsequenzen tragen, aber wenn nicht irgendwann eine klare Linie gezogen wird zu Gunsten der regierten Massen, dann ist aller Fortschritt, den wir gemacht haben, seit wir von den Bäumen stiegen, wertlos.

    Mag sein, daß Nichtstun in diesem Falle nicht so direkte, hässliche Folgen für die, die etwas tun gehabt hätte- aber für die Menschen in Libyen hätte es die.

    Schade nur, daß das alles an den internen Sandkastenzänkereien scheitert, daran daß man sich nicht einigen kann, einfach mal das moralisch richtige zu tun, weil lieber jeder will, daß seine Sandburg zur einzig wahren erkoren wird. Politik hat zu wenig mit wirklich wichtigen Dingen zu tun, aber an jedem Strand kommt einmal die Flut.

  • K
    Kai

    "Die Nato hat die Führung des Libyeneinsatzes gewollt und hat sie bekommen". Mal die Frage: wem gehorcht die NATO? Na? Eben.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Weiß der Schreiber nichts von den Forderungen der BRIC Staaten? Die UN-Nato Millitäroperationen in Libyen werden zu weiteren internationalen Spannungen führen. Westerwelle hat sich wohl wissender HelmutSchmidt erwiesen. Auch wenn er dafür abgeschossen wurde.