Kommentar Leiharbeitsgesetz: Neues Gesetz statt gleicher Lohn

Leiharbeit bleibt für viele Menschen eine Sackgasse, und für Unternehmen eine willkommene, weil billige Alternative.

Arbeitministerin Ursula von der Leyen stellt sich gerade als Kämpferin gegen Lohndumping dar, um ihr Image der sozial denkenden CDUlerin zu polieren. Doch ihr Gesetz gegen Missbrauch in der Zeitarbeit geht am Kern des Problems vorbei.

Sicher, in Zukunft bekommen Zeitarbeiter bei einer Firma den gleichen Lohn wie Festangestellte, wenn sie kurz zuvor von dieser entlassen wurden. Doch damit stoppt Schwarz-Gelb nur die Tricks besonders dreister Lohndrücker, wie die der Drogeriekette Schlecker. Und vergleichsweise wenig Leiharbeiter sind davon betroffen.

Die große Mehrheit der Beschäftigten muss weiter mit einer nicht zu begründenden Ungleichbehandlung leben. Denn das Modell Leiharbeit - und damit auch das angebliche deutsche Jobwunder - stützt sich auf niedrigere Löhne für gleiche Arbeit. Viele Betriebe nutzen Leiharbeiter als billige Dauerbelegschaft neben den Festangestellten. Sie denken gar nicht daran, nur Produktionsspitzen mit Leiharbeitern abzufedern. Oder Firmen gründen Zeitarbeitstöchter, die neue Leute dann an sich selbst ausleihen.

Auf diese Missstände weisen Gewerkschaften die Regierung seit langem hin. Es ist deshalb zynisch, wenn Schwarz-Gelb Leiharbeit nach wie vor als idealen Weg in die Festanstellung preist. Es ist eben andersherum: Leiharbeit bleibt für viele Menschen eine Sackgasse, und für Unternehmen eine willkommene, weil billige Alternative.

Wie es anders geht, kann sich die Regierung bei vielen europäischen Ländern abschauen. Sie setzen das von der EU vorgegebene "Equal Pay"-Gebot, das gleichen Lohn für gleiche Arbeit vorschreibt, ohne Ausnahmen um. In Deutschland jedoch kann es von Zeitarbeits-Tarifverträgen ausgehebelt werden - mit dieser Regel hatte Rot-Grün unter Kanzler Schröder die Tür für Dumpinglöhne weit geöffnet. Der Gesetzgeber könnte sie problemlos abschaffen. Doch von der Leyen konzentriert sich lieber auf Symbolpolitik.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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