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Die Angst ist auch bei mir nicht angekommen. Wenn es an einer Stelle hakt, versuche ich eben, die Sache wieder gängig zu machen oder mich nach etwas anderem umzusehen.
Doch die Wut über den Umgang mit den Verantwortlichen für die Finanzkrise, die ist sehr wohl bei mir angekommen und überträgt sich inzwischen auch auf die vielen von der Politik unerledigten Probleme unserer Gesellschaft, wo bisher nur Unzufriedenheit war.
Ich werde meine Wut am Wahltag zum Ausdruck bringen, auch wenn nur Notlösungen geboten werden. Wenn sich die Situation wie nach den Wahlen im Saarland und in Thüringen bald auch im Bund ergibt, wäre das schon mal ein Schritt. Ob er zu einem Umdenken in der Politik führt oder ob Weimarer Verhältnisse einziehen, bleibt abzuwarten. Ich befürchte Letzteres. Doch wenn das System abgewirtschaftet hat, soll es den Weg alles Irdischen gehen, es wird danach wieder etwas Neues entstehen.
Es ist zwischen der Regierung und der Industrie beschlossene Sache, die Arbeitslosenzahlen vor der
Wahl so gering als möglich zu halten. Das große Erwachen kommt für die Bevölkerung nach den Wahlen-,
dann erst lässt man die Katze aus dem Sack. Genau wie damals der bevorstehende Bankencrash (bekannt schon 2003) wird auch die kommende hohe Arbeitslosigkeit unter den Tisch gekehrt. Man kann zwar nicht regieren, will es aber unbedingt.
„Schnell“ und „diskriminierungsfrei“ soll die Bezahlkarte sein, mit der Asylsuchende in Hamburg einkaufen müssen. Doch für Omar ist sie das Gegenteil.
Kommentar Krisengefühl: Angst vor Streit
Die deutsche Beharrlichkeit und Liebe zum Konsens zeigt sich gerade in der jetzigen Krise. Für die Linke ist das eine ernüchternde Feststellung. Doch im Herbst könnte sich das Blatt wenden.
Die Wirtschaftskrise ist im Sorgenhaushalt der Deutschen angekommen. Doch trotz Angst vor einer schlechteren Wirtschaftslage und steigender Arbeitslosigkeit ist man in Deutschland erstaunlich gelassen. So gelassen, dass die Umfrageexperten den Deutschen gar den "Angsthasenstatus" absprechen wollen. So sorgt sich die Bevölkerung im Durchschnitt nicht mehr als in den letzten zwei Jahren. Auch gilt die Angst weniger dem Verlust des eigenen Jobs als vielmehr einer insgesamt ansteigenden Arbeitslosigkeit.
Daraus mag für viele Blauäugigkeit sprechen. Vor allem aber zeigt es, dass die größte Sorge der politischen Stabilität im Land gilt. Attackieren die politischen Akteure sich hingegen, droht gar im entferntesten Sinne Klassenkampf, geht die Angstkurve nach oben, interpretieren Experten die aktuelle Studie der R+V Versicherung.
Für all die Linken, die in der Wirtschaftskrise eine Chance zur Veränderung sahen, ist das eine ernüchternde Feststellung. Deutsche Beharrlichkeit und die Liebe zum Konsens wiegen die Lust auf Polarisierung und den Mut zu einer konfliktreicheren Politik noch immer auf.
Doch noch darf man gespannt sein, wie die Angstkurven nach oben schnellen werden, wenn im Herbst und Winter die Arbeitslosenzahlen steigen. Eines sollte klar sein: Angst ist kein guter Partner, um politische Veränderungen anzustoßen. Sinn für Realität hilft da schon eher. Den immerhin scheint man hierzulande auch zu haben: Zwei Drittel der Bevölkerung wissen, wie die Krise und die angestiegene Staatsverschuldung zu bezahlen sein wird: durch Kürzungen bei den Sozialleistungen. Dann kann man nur hoffen, dass aus Angst Wut wird. Und natürlich auch, dass diese Wut vielleicht doch noch die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft trifft und nicht stattdessen den Rechtsextremen in die Hände spielt.
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Kommentar von
Eva Völpel
Inlandsredakteurin
Jahrgang 1976. Ist seit 2009 bei der taz und schreibt über Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie die Gewerkschaften