Kommentar Krisendemo: Linke unter sich
Die Demonstrationen gegen die Krise waren bislang nur mäßig erfolgreich. Aber es ist ein Signal, dass es überhaupt zu Protesten kam.
E in Flop waren die Demonstrationen am Samstag nicht - doch der "volle Erfolg", von dem die Veranstalter sprechen, ist ebenfalls ausgeblieben. Mit 30.000 bis 40.000 TeilnehmerInnen in Deutschland sind die selbst gesteckten Ziele gerade so erreicht worden. Und der Großteil der DemonstrantInnen gehörte zur klassischen linken Szene. Obwohl die Wut auf die Banken und die Unzufriedenheit mit der Regierungspolitik zunehmen, blieb die Masse der Bevölkerung zu Hause.
Malte Kreutzfeldt leitet das taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.
Das liegt zum Teil am Wesen dieser Krise: Trotz immer dramatischerer Zahlen aus Finanz- und Realwirtschaft sind die Auswirkungen für viele Menschen noch nicht im Alltag spürbar. Obwohl es reichlich Feindbilder gibt, ist ein konkreter Adressat für viele Forderungen schwer auszumachen. Zudem sind die Ursachen der Krise ebenso kompliziert wie die Lösungsvorschläge - was eingängige Slogans und damit die Mobilisierung erschwert.
Doch auch die OrganisatorInnen des Protests müssen sich fragen, ob sie alles richtig gemacht haben. Die parteipolitisch einseitige Ausrichtung auf die Linkspartei kann AnhängerInnen anderer Parteien fernhalten, auch wenn sie die Kritik an der momentanen Regierungspolitik teilen. Das Auftreten mancher linksextremer Gruppen verschreckt möglicherweise gemäßigtere Teilnehmer - besonders wenn es zu Auseinandersetzungen kommt, ob untereinander wie in Frankfurt oder mit der Polizei wie in Berlin. Bündnisse müssen sich nicht in allen Fragen einig sein. Doch wenn der Staat für die einen der Gegner ist, gegen den es zu kämpfen gilt, und für die anderen der Hoffnungsträger, der die Wirtschaft reguliert und demokratisiert, ist das schon ein strategisches Problem.
Dennoch ist es ein Signal, dass es überhaupt zu sichtbaren Protesten gekommen ist. In den nächsten Wochen fallen wichtige Entscheidungen über die künftige Gestaltung der Weltwirtschaft - beim Weltfinanzgipfel in London wie in den Krisenteams der Regierung in Berlin. Um hier der Bankenlobby etwas entgegenzusetzen und die richtigen Weichenstellungen zu erreichen, wird aber mehr Druck nötig sein - durch anschlussfähigere Bündnisse und eine weniger zögerliche Masse.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos