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Kommentar KrisendemoLinke unter sich

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die Demonstrationen gegen die Krise waren bislang nur mäßig erfolgreich. Aber es ist ein Signal, dass es überhaupt zu Protesten kam.

E in Flop waren die Demonstrationen am Samstag nicht - doch der "volle Erfolg", von dem die Veranstalter sprechen, ist ebenfalls ausgeblieben. Mit 30.000 bis 40.000 TeilnehmerInnen in Deutschland sind die selbst gesteckten Ziele gerade so erreicht worden. Und der Großteil der DemonstrantInnen gehörte zur klassischen linken Szene. Obwohl die Wut auf die Banken und die Unzufriedenheit mit der Regierungspolitik zunehmen, blieb die Masse der Bevölkerung zu Hause.

Bild: taz

Malte Kreutzfeldt leitet das taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.

Das liegt zum Teil am Wesen dieser Krise: Trotz immer dramatischerer Zahlen aus Finanz- und Realwirtschaft sind die Auswirkungen für viele Menschen noch nicht im Alltag spürbar. Obwohl es reichlich Feindbilder gibt, ist ein konkreter Adressat für viele Forderungen schwer auszumachen. Zudem sind die Ursachen der Krise ebenso kompliziert wie die Lösungsvorschläge - was eingängige Slogans und damit die Mobilisierung erschwert.

Doch auch die OrganisatorInnen des Protests müssen sich fragen, ob sie alles richtig gemacht haben. Die parteipolitisch einseitige Ausrichtung auf die Linkspartei kann AnhängerInnen anderer Parteien fernhalten, auch wenn sie die Kritik an der momentanen Regierungspolitik teilen. Das Auftreten mancher linksextremer Gruppen verschreckt möglicherweise gemäßigtere Teilnehmer - besonders wenn es zu Auseinandersetzungen kommt, ob untereinander wie in Frankfurt oder mit der Polizei wie in Berlin. Bündnisse müssen sich nicht in allen Fragen einig sein. Doch wenn der Staat für die einen der Gegner ist, gegen den es zu kämpfen gilt, und für die anderen der Hoffnungsträger, der die Wirtschaft reguliert und demokratisiert, ist das schon ein strategisches Problem.

Dennoch ist es ein Signal, dass es überhaupt zu sichtbaren Protesten gekommen ist. In den nächsten Wochen fallen wichtige Entscheidungen über die künftige Gestaltung der Weltwirtschaft - beim Weltfinanzgipfel in London wie in den Krisenteams der Regierung in Berlin. Um hier der Bankenlobby etwas entgegenzusetzen und die richtigen Weichenstellungen zu erreichen, wird aber mehr Druck nötig sein - durch anschlussfähigere Bündnisse und eine weniger zögerliche Masse.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

6 Kommentare

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  • L
    lefty

    Meinst Du jetzt die Linkspartei oder die Linke (=alle die sich politisch eher links einordnen)? Und was meinst Du mit Systemkritik? Systemüberwindung? Systemverbesserung? ... Ich persönlich habe Probleme mit der Linkspartei (Die Linke) und bin - wie der Autor des Kommentars vermutet - eher abgeschreckt! Aber das ist Dir sicher zu bürgerlich und zu wenig links ;-)

  • B
    berliner

    Zitat Kreutzfeld: "Das Auftreten mancher linksextremer Gruppen verschreckt möglicherweise gemäßigtere Teilnehmer - besonders wenn es zu Auseinandersetzungen kommt, ob untereinander wie in Frankfurt oder mit der Polizei wie in Berlin."

     

    Das weiß die Polizei auch. Es ist ja auch ein leichtes, eine "Ausschreitung" (viel zu großes Wort für derartige Zusammenstöße) dadurch zu befördern, dass man zur Festnahme von ein oder zwei Straftätern, evtl. auch noch wegen eines unausgegorenen Vermummungsvorwurfs am Ender der Demo mitten in den antikapitalistischen Block reinprügelt. Besonders bezeichnend war das Titelbild der Morgenpost gestern. Es wird in der Überschrift von Ausschreitungen des schwarzen Blocks gesprochen und doch kann nur ein Bild eines Polizisten präsentiert werden, der eine Person recht brutal abführt. Das sind dann die pressewirksamen Ausschreitungen.

    Würde man sich auf die Fahne schreiben, solche "Ausschreitungen" zu verhindern, um Bündnisfähig zu werden, so legte man die eigene Bündnisfähigkeit in die Hand der Polizei.

  • OA
    o aus h

    Ich verstehe den Sinn dieser Demos nicht. "In einer ersten Reaktion hat die Krise erklärt, dieses beeindruckende Zeichen der menschlichen Anteilnahme, hat sie bewogen, still und leise in sich zusammen zu fallen ..." oder wie?

  • H
    hto

    MALTE KREUTZFELDT: "Das liegt zum Teil am Wesen dieser Krise: ..."

     

    Das Wesen dieser "Krise" ist die kulminierende Konfusion der gebildeten Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche.

     

    MALTE KREUTZFELDT: "Obwohl es reichlich Feindbilder gibt, ist ein konkreter Adressat für viele Forderungen schwer auszumachen."

     

    Forderungen sind immer stumpfsinnig, wenn mangelhaftes "Individualbewußtsein" seine Mitverantwortung mit Kreuzchen auf dem Blankoscheck an die leicht korrumpierbaren Fachidioten des Systems abgeben und dann blödsinnig auf Umsetzung bestehen.

     

    MALTE KREUTZFELDT: "Zudem sind die Ursachen der Krise ebenso kompliziert wie die Lösungsvorschläge ..."

     

    Die URSACHE ALLER PROBLEME, bis in die systematisch-unheilbaren Tiefen der menschlichen Psyche, ist der WETTBEWERB um das "Recht des Stärkeren" der nun "freiheitlich-sozialen" Marktwirtschaft!!!

     

    MALTE KREUTZFELDT: "... gemäßigtere Teilnehmer ..."

     

    Wir sind alle im SELBEN Maß durchströmt vom Geist der "Gott" ist, allerdings seit der "Vertreibung aus dem Paradies" im geistigen Stillstand mit GLEICHERMAßEN unverarbeiteter / manipulierbarer Bewußtseinsschwäche in Angst und Gewalt, zum Wohle unserer zeitgeistlichen "Evolution" der Hierarchie in materialistischer "Absicherung" von links nach rechts.

     

    "Linke unter sich" - Dummheit allein zu Haus!

  • G
    Gertrud

    Sind 30 Jahre taz nicht langsam mal genug?

    Eure Standpunkte kann man in etlichen Zeitungen lesen, euch braucht niemand mehr.

     

    Schade, dass so eine ehemals gute Zeitung sich so gewandelt hat. Naja, Herr Kreutzfeld fährt vermutlich lieber mit dem Hybridbenz in den Biosupermarkt anstatt an den Verhältnissen was zu ändern.

  • H
    hias

    alleine der titel "linke unter sich" sagt wohl schon alles. soll man denn die npd einbinden? oder die csu? die linke wird immer unter sich bleiben in der kritik dieses systems. was sonst?