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Kommentar Krieg in MaliNoch lange nicht befreit

Kommentar von Katrin Gänsler

Es ist völlig verfrüht, den Norden als befreit zu bezeichnen. Der Krieg gegen die Islamisten wird nur eine neue Gestalt annehmen.

J etzt also auch noch Kidal. Mit der Stadt im äußersten Nordosten Malis soll nun das dritte Zentrum des Nordens von Terroristen und Islamisten befreit sein. In Mali wird darüber gejubelt, in Frankreich erst recht. Doch was nach einem militärischen Erfolg auf ganzer Linie klingt, könnte die Armeen in absehbarer Zeit vor ganz andere Probleme stellen.

Denn bei all der Begeisterung über die enorm schnelle Rückeroberung – viele Menschen hatten sich auf einen zermürbenden Kampf eingestellt – wird eines völlig ausgeblendet: Die Rebellen des Nordens haben zwar offenbar die drei großen Städte verlassen; vermutlich ist ihnen schon kurz nach Beginn der Militärintervention klar geworden, dass sie im Moment keine Möglichkeit haben, einen offenen Kampf gegen das französische Militär zu gewinnen. Das heißt jedoch nicht, dass sie plötzlich dem Extremismus abschwören oder es sie einfach nicht mehr gibt – im Gegenteil.

Es gilt als wahrscheinlich, dass sich die Kämpfer von Ansar Dine, der Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika, und von al-Qaida im islamischen Maghreb nun weiter in die Wüste zurückziehen. Dort kennen sie sich aus und können neue Strategien planen – möglicherweise in Form eines Guerillakrieges. Denn einen Staat oder eine ganze Region kann man nicht nur durch Besetzung schwächen, sondern auch durch kleine Anschläge. Wie gut das funktioniert, hat Nigerias islamistische Terrorgruppe Boko Haram in den vergangenen zwei Jahren hinreichend demonstriert.

Katrin Gänsler

ist Westafrika-Korrespondentin der taz. Sie hat Mali vielfach besucht und von dort berichtet, zuletzt mit der Reportage „Jede ist mal an der Reihe“ aus Mopti.

Mali könnte es nun ähnlich ergehen. Gezielte Angriffe, etwa auf internationale Einrichtungen, die völlig unvorhersehbar sind, schüren ebenso Angst und Schrecken wie ein offener Kampf. Daher ist es völlig verfrüht, den Norden als befreit zu bezeichnen. Der Krieg gegen die Islamisten wird nun nur eine neue Gestalt annehmen.

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Westafrika-Korrespondentin
Nach dem Abitur im Münsterland bereiste sie zum ersten Mal Südafrika und studierte anschließend in Leipzig, Helsinki und Kopenhagen Journalistik und Afrikanistik. Nach mehreren Jahren im beschaulichen Schleswig-Holstein ging sie 2010 nach Nigeria und Benin. Seitdem berichtet sie aus ganz Westafrika – besonders gerne über gesellschaftliche Entwicklungen und all das, was im weitesten Sinne mit Religion zu tun hat.
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5 Kommentare

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  • M
    menschenfreund

    31.01.2013 06:14 Uhr

    von Rainer: ...

    Unglaublich!

    Diese Mörderbanden sind Freiheitskämpfer? Welche Freiheit meinen SIE denn? Hand abhacken wegen Zigaretteverkaufs? Töten von Kirchgängern nach Belieben? Jeglichen Pluralismus mit der Sharia ersticken?

    Wenn ich IE wäre, würde ich mir eine Burka kaufen.

    Aus Scham!

  • AJ
    Andreas j

    an Rainer

     

    Freiheitskämpfer? Wie kann man so einen Mist ablassen? Komm mal klar.

  • JE
    Janis Ehling

    @ Hermann Köti: Was sie allerdings nicht bedenken ist, dass Ansar Dine länderübergreifend agiert. Eine vollständige Überwachung ist daher kaum möglich. Der Einsatz Frankreichs hat nur den Boden für einen langen Guerilla-Krieg geebnet. Wann hat man denn mal ein Gebiet militärisch wirkungsvoll unter Kontrolle gehalten (das größer als Deutschland ist) mit 5000 Mann...

     

    Ich empfehle ergänzend zu den leider recht einseitigen Kommentaren von Gänsler die Artikel von Todenhöfer (den ich sonst nicht sehr schätze) zum widersprüchlichen Vorgehen des Westens: http://www.berliner-zeitung.de/politik/al-kaida-in-mali-und-syrien-die-terror-zyniker,10808018,21596690.html

  • R
    Rainer

    Ich wünsche den Freiheitskämpfern viel Erfolg im Kampf gegen die Kolonialtruppen. Es ist doch unbestritten, dass die Franzosen nur ihre eigenen Interessen wie Uran und Bodenschätze im Sinn haben. Hoffen wir dass es den Franzosen wie in Algerien geht. Ich denke das sehe ich nicht allein so.

  • HK
    Hermann Klöti

    Aus der grossenteils topfebenen, nahezu vegetationslosen und menschenleeren Wüste Nordmalis heraus lässt sich kein Kleinkrieg à la Vietnam oder Afghanistan führen. Die Tuareg, Guerilla oder wie immer man die Leute bezeichnen will, sind auf Geländefahrzeuge, Treibstoff und ein paar wenige "Wasserlöcher" angewiesen. (Auf Kamelrücken reist niemand mehr). Mittels der seitens der Franzosen einsetzbaren und eingesetzten elektronischen Aufklärungsmittel lässt sich eine solche Region - entgegen den von den üblichen Bedenkenträgern vorgebrachten Einwänden - wohl wirkungsvoll unter Kontrolle halten.