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Kommentar Krieg in LibyenWarten auf die Implosion

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Der Auftrag der UN-Resolution ist erfüllt, der Einsatz in Libyen sollte beendet werden. Den Sturz Gaddafis können die Alliierten nicht herbeiführen.

N immt man die UN-Resolution als Maßstab, dann haben die westlichen Kampfbomber in Libyen ihr Ziel erreicht. Indem sie Gaddafis Luftwaffe ausschalteten und seine vorrückenden Panzer bombadierten, dürften sie ein mögliches Massaker seiner Truppen an den Aufständischen in Bengasi verhindert haben. Damit sollte der Einsatz – kaum, dass er unter Kommando der Nato steht – aber auch besser beendet werden.

Das andere Ziel, das viele westliche Regierungen mit den Aufständischen in Libyen teilen, lässt sich so nicht erzwingen. Ein Sturz des Diktators ist zwar wünschenswert – den können aber nur die Aufständischen selbst bewirken. Die aber sind zu schwach, um bis nach Tripolis vorzudringen.

Selbst wenn der Westen die Rebellen auch offiziell mit Waffen versorgt, was durch das UN-Mandat nicht gedeckt ist, dürfte das nur wenig an der militärischen Übermacht der Gaddafi-Armee ändern. So bleibt der Welt nur, die vorläufige Teilung des Landes zu akzeptieren: in einen Osten, den die Aufständischen kontrollieren, und den Westen, der von Gaddafi beherrscht bleibt. Und, auf eine politische Lösung zu drängen: durch einen Waffenstillstand oder indem man Gaddafi den Gang ins Exil schmackhaft macht.

Bild: taz

DANIEL BAX ist Redakteur im Meinungsressort der taz.

Dass sich immer mehr Getreue von Gaddafi lossagen, nährt die Hoffnung, dessen Regime könnte sich bald von innen auflösen. Es stellt den Westen allerdings vor ein neues moralisches Dilemma: Soll er führenden Kadern des libyschen Regimes, die selbst Blut an den Händen kleben haben, Straffreiheit zusichern, um so Gaddafi zu schwächen? Sollten Schergen wie der bisherige Außenminister Mussa Kussa, der in London um Exil bat, straffrei davonkommen, so wäre das zwar ein hoher Preis – aber allemal besser, als das Blutvergießen in Libyen noch weiter zu verlängern.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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