Kommentar Krawalle im Schanzenviertel: Falsches Feindbild sorgt für Fehler
Derartige Krawalle sind nur zu verhindern, wenn der Ballermann-Boulevard auf ein vertretbares Maß zurückgebaut wird oder am 1. Mail geschlossen bleibt.
E s war eine krasse Fehlprognose. Da sagt der Staatsschutz der Polizei voraus, Maikrawalle wie im vorigen Jahr werde es diesmal nicht geben. Und der Inlandsgeheimdienst und Hüter der Verfassung ergänzt diese Fehleinschätzungen. Und dann knallts gleich in zwei Nächten um den 1. Mai - für die Schanze ein Novum.
So eine Fehlprognose kommt zustande, weil bei den Staats- und Verfassungsschützern das Feindbild festsitzt, die autonome Szene würde die Mai-Krawalle initiieren. Und wenn man dann keine Diskussionen wahrnimmt oder Aufrufe findet, gibts Entwarnung - denn zu dieser erlebnisorientierten und soziokulturellen Klientel haben die politischen Schnüffler keinen Zugang.
Das ist kein Plädoyer dafür, jetzt subkulturelle Jugendcliquen mit Migrations-Hintergrund ins Visier zu nehmen. Das ist Sache der Sozialarbeit. Doch die Kommunalpolitik, die die Schanze zum zweiten Kiez gemacht, muss sich diesen Fehler eingestehen. Sie hat das Pflaster gelegt, auf dem sich Jugendliche aus allen Stadtteilen vor begeistertem Publikum austoben können, um Frust- und Perspektivlosigkeit durch unreflektierte Gewaltexzesse zu verdrängen.
Derartige Krawalle sind nicht durch mehr Polizei oder Bürgerwehren zu verhindern, sondern dadurch, dass der Ballermann-Boulevard auf ein vertretbares Maß zurückgebaut wird oder am 1. Mai geschlossen bleibt.
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