Kommentar Krankenkassenbeiträge: Mehr als nur acht Euro
Um nicht pleite zu gehen, hat die erste Krankenkasse ihre Beiträge erhöht. Bald werden andere folgen. Und auf der Strecke bleiben Kranke und Alte, weil sie nicht wechseln können.
D ie Gemeinsame Betriebskrankenkasse Köln ist ein Präzedenzfall. Der Branchenwinzling ist die erste Kasse, die zur Eigenfinanzierung den ungeliebten Zusatzbeitrag einfordern muss: Acht Euro pauschal pro Mitglied und Monat. Doch schon bald werden weitere Kassen dasselbe tun - zum Nachteil vieler Versicherer mit niedrigem Einkommen.
Dass ausgerechnet eine kleine Krankenkasse den Anfang macht, ist für Gesundheitsministerin Ulla Schmidt der Beweis dafür, dass der zum Jahresbeginn eingeführte Gesundheitsfonds funktioniert. Die Ausnahme bestätigt aus Schmidts Sicht die Regel: Alle anderen Kassen scheinen zurechtzukommen mit dem Geld, das ihnen aus dem Fonds und einem komplizierten Ausgleichsverfahren zufließt.
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Dem Beispiel der kleinen Kölner Krankenkasse mit ihren 30.000 Mitgliedern werden bald größere Kassen folgen. Denn lange schon haben sie Rücklagen abgebaut und Gelder innerhalb ihrer Verbände verteilt. Und das alles nur aus Angst davor, durch Zusatzbeiträge erst Mitglieder zu verlieren und sich letztlich in eine Fusion retten zu müssen. Doch die Puffer werden wohl nicht mehr lange reichen.
Wer die Gesetzeslage durchblickt, wird von seinem Recht Gebrauch machen und die Krankenkasse wechseln. Wer sich durch Krankheit oder Alter an seine Kasse gebunden fühlt, wird beim teuer gewordenen Anbieter bleiben. Diese Bevölkerungsgruppen müssen dann also besonders viel für ihre medizinische Versorgung bezahlen.
Hinzu kommt ein Grundfehler des Zusatzbeitrags: Die acht Euro werden pauschal erhoben. Geringverdiener belastet dies überdurchschnittlich stark. So werden diese acht Euro schon bald eine heftige Debatte entfachen.
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